Zert Green Building: mehr Nachhaltigkeit im Dachdeckerhandwerk
9. Mai 2023
Mit einem dichten, intakten Dach über dem Kopf waren Menschen in ihrer Geschichte meist schon zufrieden. Heute wird zunehmend gefragt, wie und mit welchen Materialien dieses Dach eigentlich gedeckt ist. Nachhaltigkeit spielt im Dachdeckerhandwerk mittlerweile eine sehr wichtige Rolle. Wie sieht es damit bei Produktion, Langlebigkeit und Recyclingfähigkeit der verwendeten Materialien aus? Der Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH) gibt den Betrieben nun Orientierung mit der Zertifizierung „ZVDH Zert Green Building“. Dachdecker können so ihre Kunden in Sachen Nachhaltigkeit noch kompetenter beraten.
Nachhaltigkeit ist das Thema Nummer eins
Philip Witte kennt sich mit Umweltschutz, Energieeinsparung und Nachhaltigkeit aus – der Kölner ist im ZVDH unter anderem zuständiger Fachreferent für diese Themen. „Klimaschutz ist in aller Munde, Nachhaltigkeit das Thema Nummer eins“, sagt er. „Egal ob private oder öffentliche Bauherren: Fast alle stellen heute Fragen nach der Nachhaltigkeit der verbauten Materialien. Viele machen diese Nachhaltigkeit sogar zu einem mitentscheidenden Kriterium bei der Auftragsvergabe, etwa an die Dachdecker.“
ZVDH-Fachausschuss Nachhaltigkeit ins Leben gerufen
Da ist der Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks natürlich gefordert. „Weil das Thema so wichtig geworden ist, haben wir vor kurzem einen eigenen Fachausschuss dafür ins Leben gerufen“, so Witte. „Wir haben uns gefragt, wie wir das Thema am besten in unsere Branche reinbringen.“ Auch sein Verband würde viele Dinge noch aus einer eher technischen Perspektive betrachten, weniger aus einer nachhaltigen. „Wir mussten in die Puschen kommen. Die Fragen sind da – jetzt arbeiten wir an den Antworten.“
Zert Green Building als Richtgröße gegenüber Kunden
Das Ergebnis: Für die rund 15 000 Betriebe des deutschen Dachdeckerhandwerks soll künftig die Zertifizierung „ZVDH Zert Green Building“ eine wichtige Richtgröße gegenüber ihren Kunden sein, wenn es um die Nachhaltigkeit von Materialien in Bezug auf die Produktion, die Eigenschaften, die Langlebigkeit und die Recyclingfähigkeit geht. Witte: „Die Zertifizierung soll eine Entscheidungshilfe bei der Auswahl der Produkte sein. Die Rückfragen von Bauherren und Auftraggebern in diese Richtung kommen so sicher wie das Amen in der Kirche. Immer öfter werden bei Baumaßnahmen sogar konkrete Nachweise über die verwendeten Materialien verlangt.“
Wie den Durchblick beim Thema Nachhaltigkeit behalten?
Zu Recht: Durch die Verwendung nachhaltiger Materialien, modernster Techniken und energieeffizienter Lösungen tragen Dachdeckerbetriebe dazu bei, den Energieverbrauch zu senken, die Umweltbelastung zu reduzieren und den Ressourcenverbrauch zu verringern. „Ökologisch nachhaltige Lösungen schützen die Umwelt“, erklärt Witte. In Zeiten des Klimawandels spreche sehr vieles für recycelte oder recycelbare Materialien, die Verwendung energieeffizienter Technologien, die Vermeidung von Abfall und die Nutzung von regenerativen Energiequellen.“ Die Frage ist nur, wie die Dachdecker bei der Vielzahl an Produkten den Durchblick behalten sollen. Zumal der Begriff „nachhaltig“ dehnbar ist und immer auch den Einsatzzweck sowie Herstellungs- und Einsatzorte berücksichtigen muss.
Zert Green Building konzentriert sich auf die Materialien
„Viele Hersteller haben sich bereits – in unterschiedlicher Ausprägung – Gedanken zum Thema Nachhaltigkeit gemacht und sind zum Teil auch schon bei Produktionsabläufen und Produkten aktiv geworden“, so der Fachreferent Witte. „Wir haben bei Zert Green Building entschieden, uns auf die Materialien zu konzentrieren. Damit wollten wir diese durchaus komplexe Thematik für die Betriebe einfach und greifbar machen. Über die Zertifizierung stoßen wir zwangsläufig bei den Dachdeckern aber auch die Frage an: Was verarbeite ich eigentlich und wie?“ Für Neubauten sei die Frage nach der Nachhaltigkeit von Baustoff und Bauweise generell leichter zu beantworten, „aber 60 bis 70 Prozent der Dachdecker sind in der Sanierung tätig, da wird‘s schon etwas schwieriger.“
Zert Green Building hat Produkt-Lebenszyklus im Blick
Am Ende, so das Ziel der neuen Zertifizierung, sollen Dachdecker ihren Kunden anhand dieses Labels die nachhaltigsten Produkte empfehlen können. Der ZVDH hat Zert Green Building in drei Schritte unterteilt: Produktion, Eigenschaften und Langlebigkeit sowie Recyclingfähigkeit. „Damit bilden wir den ganzen Lebenszyklus eines Produkts vom Anfang bis zum Ende ab. Und der soll möglichst umwelt- und ressourcenschonend sein“, erläutert Witte das Vorgehen bei Zert Green Building.
Die konkreten Fragen des Zertifizierungsprozesses sind etwa: Wie wird produziert, wie kann die Produktion gegebenenfalls optimiert werden? Wie beständig ist das Material, wie lange kann es im Gebäude verbleiben? Und schließlich: was passiert zum Beispiel mit Dachziegeln oder Dämmung, wenn sie eines Tages entsorgt werden müssen?
Schon beim Einkauf die Nachhaltigkeit erkennen
„Diese Fragen lassen sich für die jeweiligen Produkte in der Regel sehr gut beantworten. Im Dach-Daten-Pool – sozusagen das ,Rundum-Sorglos-Paket für Dachdecker und Zimmerer‘ in Sachen Artikelstammdaten – wird es deshalb künftig auch die Information ‚Nachhaltiges Produkt‘ geben“, so Philip Witte. „Schon beim Einkauf können die Betriebe so erkennen, ob und in welchem Maß ein Produkt vom ZVDH als nachhaltig klassifiziert wird.“
Kundenfragen kompetent beantworten können
Wichtig ist Witte, dass es sich um ein „laufendes Projekt“ handelt. Die Zahl der Produkte im Dachdeckerhandwerk sei sehr groß. Dinge gibt es von heute auf morgen nicht mehr, andere kommen neu dazu. „Wir setzen die Zertifizierung im Laufe dieses Jahres um und werden den Dach-Daten-Pool nach und nach mit dem ‚Zert Green Building‘-Nachweis ergänzen“, so der Fachreferent. „Ich bin mir sicher, dass die Dachdecker dadurch bald energieeffiziente und nachhaltige Baumaterialien deutlich unkomplizierter finden werden, um auf entsprechende Kundenfragen schnell und kompetent reagieren zu können.“
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