Zukunftsmarkt Gründach: was Dachdecker wissen sollten
1. Juli 2021
Das Thema Gründach nimmt politisch Fahrt auf in Zeiten des Klimawandels. Noch immer werden rund 60 Hektar Fläche täglich neu versiegelt – für Gebäude und Verkehrswege. Das Ziel bis 2050 ist laut Bundesumweltministerium, keine neuen Flächen mehr zu verbrauchen. Denn die Versiegelung des Bodens wirkt sich besonders negativ auf den Wasserhaushalt aus. „Regenwasser kann nicht mehr vollständig versickern, wodurch weniger Grundwasser gebildet wird. Außerdem steigt das Risiko der Überschwemmungen, viele Kanalisationen oder Vorfluter können die bei Starkregen anfallenden Wassermassen nicht mehr fassen“, erläutert Referent Felix Mollenhauer vom Bundesverband GebäudeGrün e. V. (BuGG).
Immer mehr Städte fördern das Gründach
Die Folge: Inzwischen fördert jede vierte Stadt über 50.000 Einwohner die Begrünung von Dach und Fassade mit Zuschüssen. Die Förderung über eine Gebührenreduktion für Gründächer lag bereits im Jahr 2019 bei 72 Prozent. Was zunimmt, ist die Festlegung von Gründächern in Bebauungsplänen. Sie liegt inzwischen bei Städten dieser Größenordnung bei 73 Prozent. „Das Potenzial ist groß, weil bislang gerade mal zehn Prozent der neuen Flachdachflächen begrünt werden“, so Mollenhauer.
Im Fokus steht vor allem die extensive Begrünung mit einem Marktanteil von 82 Prozent. Insbesondere im Bereich der Gewerbebauten zählen hier das geringere Gewicht und die niedrigeren Kosten. Ein Praxisbericht dazu findet sich hier auf DACH\LIVE. Die intensive Begrünung komme laut Mollenhauer vor allem bei Dächern von Privathäusern, Bürogebäuden und Tiefgaragen zum Einsatz, damit die Bewohner und Arbeitenden die Fläche auch für die Freizeit nutzen können.
Sinnvolle Kombination Solar-Gründach
Im Zuge des Klimawandels kommt auch das Solar-Gründach wieder vermehrt ins Spiel, auch wegen der staatlichen Förderung für Photovoltaik. Lesen Sie dazu unseren Artikel über Solarstrom vom grünen Schuldach. Ein Vorteil der Kombination: „Durch die Verdunstungsfähigkeit des Gründachs wird die PV-Anlage abgekühlt, was einen höheren Ertrag ermöglicht“, erläutert Mollenhauer. Hier gebe es etwa über spezielle Röhrensysteme auch neue Technologien deutscher Hersteller, die im Bereich der Dachbegrünung weltweit führend seien. Das gelte auch für Leichtbauweisen, die eine nachträgliche Begrünung bei Bestandsbauten ermöglichen, oder für sogenannte Retentionsdächer, die Wasser zurückhalten und nutzbar machen, etwa bei immer öfter vorkommendem Starkregen.
Was es laut Mollenhauer immer noch abzubauen gelte, seien Vorurteile gegen Gründächer wegen Ungeziefer und Leckagen. Bei Letzteren gehe es zentral um die Frage der Ortung. „Hier gibt es das Elektroimpulsverfahren, mit dem die Undichtigkeit geortet werden kann. Man muss also das Gründach nicht aufmachen, um Leckagen finden zu können.“ Und Insekten würden am liebsten in der Begrünung bleiben. Dass sie den Weg in Häuser und Wohnungen finden, sei selten.
Verband berät Städte und Kommunen
Der BUGG unterstützt als Berater auch Kommunen und Städte bei der Umsetzung. Zudem ist der Verband an einem dreijährigen Förderprojekt „Städtedialog“ beteiligt, das den Erfahrungsaustausch rund um Gründach und Fassadenbegrünung unterstützt. Letztere hält Mollenhauer ebenfalls für ein interessantes Geschäftsfeld für Dachdecker. Diese könnten die Verankerungen für die Begrünung direkt an der Fassade einbauen und sich für alles Weitere Partner unter den Galabauern suchen. Mitglieder des BUGG sind neben ersten Dachdeckern andere Verarbeiter sowie vor allem Hersteller. Doch auch Hochschulen, Kommunen und weitere Interessierte finden sich unter den Mitgliedern.
ZVDH kooperiert jetzt mit GebäudeGrün
Wie stark das Thema Gründach die Dachdecker interessiert, zeigt die jüngste Kooperation mit dem Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH). Beiden Verbänden liege der Ausbau der Gründächer mit gleichzeitiger Nutzung als Solardach am Herzen, das künftige Kooperieren sei ein weiterer wichtiger Schritt hin zur Umsetzung der Klimawende, heißt es in einer Pressemeldung des ZVDH. Für das Dachdeckerhandwerk gehöre das Planen von Gründächern ebenfalls zum Portfolio.
Im Rahmen der Kooperation sind bundesweite Projekte geplant, um die Vorteile von Pflanzen auf Dächern und an Fassaden noch bekannter zu machen. Dazu wird es im Nachgang zum Weltkongress GebäudeGrün vom 10. bis 12. Mai 2022 eine „Aktionswoche Gebäudebegrünung“ mit einem bunten Programm geben. Die große Bedeutung grüner Städte für das Klima soll somit bürgernah vermittelt werden.
Auch in der fachtechnischen sowie politischen Gremienarbeit will man sich gegenseitig unterstützen und beispielsweise gemeinsam Marktdaten rund um das Thema Begrünung von Dach und Fassade erheben. ZVDH-Präsident Dirk Bollwerk: „Die Zusammenarbeit von ZVDH und BuGG wird unserer Schlagkraft Richtung Dach- und Fassadenbegrünung einen kräftigen Schub nach vorn geben. Das Dachdeckerhandwerk profitiert von dem umfangreichen Wissen in Sachen Gebäudebegrünung und wir stellen mit unseren Betrieben sicher, dass es vorangeht mit mehr Grün.“