Dachziegel: Liefersituation für Dachdecker verschärft sich
Bild von Erlus Dachziegel Werk

Dachziegel: Liefersituation für Dachdecker verschärft sich

Die Preise steigen stark und einige Hersteller nehmen aktuell keine Neubestellungen mehr an. Wir beleuchten die Ursachen und Hintergründe beim Thema Dachziegel.

Preise für Dachziegel steigen massiv an

Sogar Spiegel online hat sich des Themas bereits angenommen. Dort heißt es bereits in einem Artikel vom 19. April: „Eine anhaltend hohe Nachfrage, ein begrenztes Angebot und erheblich gestiegene Energiekosten treiben die Preise für Dachziegel massiv nach oben.“ Gegenüber 2021 gibt es aktuell bereits eine Steigerung um 30 bis 40 Prozent. Hinzu kommen Verzögerungen bei der Lieferung. „Die Hersteller sind überrannt worden von der hohen Nachfrage und bis zur Jahresmitte mit der Auslieferung für bereits bestehende Bestellungen voll ausgelastet. Ansonsten haben einige von ihnen einen Dachziegel-Bestellstopp für neue Projekte verhängt“, erläutert Björn Augustin, Vorstand Warenwirtschaft der ZEDACH-Gruppe und Vorstand der Dachdecker-Einkauf Süd eG.

Bild von Björn Augustin, Vorstand Warenwirtschaft der ZEDACH-Gruppe und Vorstand der Dachdecker-Einkauf Süd eG
Björn Augustin, Vorstand Warenwirtschaft der ZEDACH-Gruppe und Vorstand der Dachdecker-Einkauf Süd eG. (Foto DE Süd)

Material allein für beauftragte Bauprojekte

Verschärfend hätten sich kleinere Ausfälle in der Produktion oder planmäßige Revisionen einzelner Produktionslinien ausgewirkt. „So sind unsere Lager in den Niederlassungen zwar noch voll, aber viele dieser Dachziegel sind schon für geplante Bauprojekte an unsere Betriebe verkauft.“ Es gehe für die fünf Einkaufsgenossenschaften darum, für die Mitglieder und Kunden die Materialversorgung sicherzustellen. Das heißt: Material gibt es allein für bereits beauftragte Bauprojekte. Hamsterkäufe und Vorratswirtschaft sollen vermieden werden.

Gasembargo als Risikofaktor

Bild von Erlus Dachziegel-Werk
Die Produktion der Dachziegel-Industrie würde bei einem Gasembargo wohl kaum als systemrelevant eingestuft. (Foto und Titelbild: Erlus)

Wie es weitergehen könnte, ist auch für Augustin schwer zu prognostizieren. „Ich denke, die Lage wird sich Richtung Jahresende langsam wieder entspannen, wenn das Mengenplus der letzten Monate verarbeitet ist.“ Aber über allem schwebe laut Augustin ein mögliches Gasembargo Russlands als Risikofaktor. Denn die Dachziegel-Industrie ist sicher nicht systemrelevant und müsste im Fall der Fälle die sehr energieintensive Produktion herunterfahren.

Lagerbestände der Industrie auf null

Für Guido Hörer, Vertriebsleiter beim Dachziegel-Hersteller Erlus, nahmen die aktuellen Probleme 2021 ihren Anfang. „Wir hatten schon letztes Jahr eine sehr hohe Marktnachfrage bis an die Kapazitätsgrenze, mit einer extremen Steigerung im November und Dezember.“ Das hat sicher damit zu tun, dass wegen der bis Ende 2021 abgesenkten Mehrwertsteuer Aufträge vorgezogen wurden. „Wir konnten ab da die Nachfrage nicht mehr erfüllen. Seit 2022 sind die Lagerbestände auf null. Was wir produzieren, das geht aktuell sofort raus Richtung Bedachungsfachhandel und Baustellen“, sagt Hörer.

Bild von Guido Hörer, Vertriebsleiter Erlus
Guido Hörer ist Vertriebsleiter beim Dachziegel-Hersteller Erlus. (Foto: Erlus)

Revisionen von Produktionslinien

Bei Erlus kommt hinzu, dass Anfang des Jahres zwei Produktionslinien standardmäßig zeitweise in Revision und damit abgeschaltet waren. „Wegen der rasant steigenden Energiepreise seit Beginn des Ukraine-Kriegs haben wir die Linien dann noch etwas länger vom Netz genommen.“ Auch Erlus war laut Hörer gezwungen, zusätzlich Energie am Spot-Markt zu extrem hohen Preisen einzukaufen. All das führte dazu, dass der Dachziegel-Hersteller nach jahrelang stabilen Preisen jeweils im Frühjahr 2021 und im Frühjahr 2022 Erhöhungen vornehmen musste. 

Eine gute Nachricht hat Hörer auch: „Unsere Produktionslinie 3 im Werk 2 in Neufahrn ist im Mai nach einer dringend erforderlichen Reparatur wieder in Betrieb gegangen. Die Umbaumaßnahmen des Ofens werden wir jedoch bis auf Weiteres verschieben, um auch dort wieder die maximale Dachziegelmenge produzieren zu können.“ Mit diesem Schritt versucht Erlus die extrem starke Nachfrage nach den Produkten etwas zu entspannen.

Bild von Haus mit Dachziegeln
Trotz der Revisionen und Reparaturen an Produktlinien: Erlus liefert Dachziegel aus für möglichst viele projektierte Bauvorhaben. (Foto: Erlus)

2022 kann Nachfrage nicht komplett erfüllt werden

„Die bisher aufgelaufenen Fehlmengen können wir jedoch nicht kompensieren“, sagt Hörer. Seine Prognose: „Die Nachfrage für Dachziegel bleibt weiter extrem hoch und wir werden 2022 die Nachfrage nicht komplett erfüllen können.“  So bitter das ist, Erlus wolle weiter offen und ehrlich kommunizieren in Sachen Mengen und Preise. „Wir versuchen alle Wünsche zu erfüllen. Nicht das Wollen ist das Problem, sondern das Können“, erklärt Hörer.

Bild von Steildach mit Dachziegel
Mit Verzögerungen können bislang noch alle Dächer mit Ziegeln eingedeckt werden. (Foto: Erlus)

Weiterhin längere Lieferzeiten bei Dachziegeln

Auch laut dem Bundesverband der Deutschen Ziegelindustrie in Berlin ist bereits seit dem vierten Quartal 2021 eine stark zunehmende Nachfrage nach Tondachziegeln zu beobachten. Der Grund dafür sei in erster Linie die gute Baukonjunktur. Wegen der großen Nachfrage müssten bei einigen Unternehmen vorübergehend lange Lieferzeiten für Dachziegel in Kauf genommen werden, sagte Verbands-Hauptgeschäftsführer Matthias Frederichs der dpa. Teilweise könnten keine neuen Aufträge mehr angenommen werden.

Sie interessieren sich für das aktuelle Thema Materialknappheit? Dann lesen Sie unsere Geschichte über Dachdecker-Materialien: Lieferengpässe und steigende Preise

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