Alex Bruns: Vom Weltmeister zum Zimmerermeister
22. Juni 2021
Nachdem Alex Bruns im Juli 2020 erfolgreich die Meisterprüfung abgelegt hatte, brauchte er erstmal eine Erholungspause von den vorangegangenen drei Jahren. „Die Europameisterschaft 2018 in Luxemburg und die Weltmeisterschaft 2019 in Russland waren eine echte Bereicherung in meinem Leben, aber auch anstrengend“, erzählt der Zimmererweltmeister. „Für gewöhnlich treibe ich in meiner Freizeit viel Sport.“ Freie Zeit dafür hatte der junge Vorzeige-Handwerker in den vergangenen Jahren aber selten.
Intensive Vorbereitungen auf Titelkämpfe
Nach der Arbeit widmete der Zimmerermeister sich intensiv der Vorbereitung auf die bevorstehenden Wettbewerbe. Das war auch nötig, wie Bruns erklärt: „Die koreanischen Kandidaten für die Weltmeisterschaft werden vor dem Wettbewerb ein ganzes Jahr komplett von der Arbeit freigestellt, um sich vorbereiten zu können.“ Da verwundert es nicht, dass Korea seit Jahren zu den Favoriten gehört und den Weltmeistertitel bei den Zimmerern bereits mehrfach geholt hat.
Nervenkitzel auf Augenhöhe mit den Koreaner
„Vor den Koreanern hatte ich schon etwas Angst“, gesteht Alex Bruns. Während seiner Zeit in Kasan stellte sich jedoch heraus, dass auch er seinen Kontrahenten Respekt eingeflößt hatte. „Als wir uns in gebrochenem Englisch etwas nähergekommen waren, erzählte mir der koreanische Teilnehmer, dass er und seine Teamkollegen mein Training auf Instagram sehr aufmerksam verfolgt hatten“, erzählt der Weltmeister, den wir damals schon auf DACH\LIVE portraitierten, mit einem Schmunzeln.
Zimmerermeister hat wieder Zeit für Triathlon
Heute ist es auf dem Instagram-Kanal von Alex Bruns eher ruhig geworden. „Ich freue mich sehr, dass ich während der Vorbereitungen auf die Wettbewerbe viele junge Menschen und angehende Handwerker inspirieren konnte. Jetzt konzentriere ich mich auf meine Arbeit und nutze die verbleibende Zeit für mein Sportprogramm.“ Heute trainiert Bruns wieder 15 Stunden pro Woche und will sich im kommenden Jahr an der Mitteldistanz im Triathlon erproben.
Weltmeister sind auch nur Handwerker
Nach dem Zimmerermeister nahm Alex Bruns sich zunächst eine viermonatige Auszeit. Gemeinsam mit dem Vater renovierte er ein Stalldach auf dem elterlichen Hof. Dass sein Vater eigentlich professioneller Musiker ist, war dabei kein Hindernis. Im Gegenteil: „Mein Vater ist handwerklich sehr begabt und auch geübt. Das war nicht das erste Gebäude, das er saniert hat“, berichtet Zimmerer Bruns.
Als er dann das Angebot von Peter Aicher annahm, dem Vorsitzenden von Holzbau Deutschland, in dessen Holzbaubetrieb in Halfing am Chiemsee als Zimmerermeister anzufangen, waren manche der neuen Kolleginnen und Kollegen zunächst skeptisch. „Der ein oder andere hatte schon Vorbehalte, dass ich mich als Zimmererweltmeister vielleicht für etwas Besseres halten könnte“, berichtet der junge Handwerker. „Aber das Team hat schnell gemerkt, dass ich noch viel lernen kann und auch will. Die Wettbewerbs-Aufgaben sind mit der täglichen Praxis im Handwerk auch überhaupt nicht zu vergleichen. Da war und ist auch immer noch vieles neu für mich.“
Aufregung beim ersten kompletten Holzhaus
Bei seinem neuen Arbeitgeber geht es hochmodern zu. Entsprechend aufgeregt war Weltmeister Bruns, als er bei Aicher Holzbau das erste Haus mit aufstellen durfte. „Bis dahin hatte ich nur einzelne Bauteile in der Hand. Das komplette Haus dann fertigzustellen, ist schon spannend.“ Was Bruns in seinem Betrieb besonders beeindruckt, ist die Präzision, mit der gearbeitet wird: „Es ist schon enorm, wie weit die Genauigkeit bereits in der Planung geht.“
Auch Inhaber Peter Aicher hat nur Lob für seinen Mitarbeiter. Als Präsident der ausrichtenden Timber Construction Europe (TCE) konnte er Bruns‘ Erfolge bei der Zimmerer-Europameisterschaft aus nächster Nähe beobachten: „Ich war gleich von Alex‘ effizienter Arbeitsweise beeindruckt. Er arbeitet sehr ruhig und konzentriert, dabei aber sehr kraftvoll und mit Weitblick.“
Teamgeist auch im Beruf
Neben der hohen Fachkompetenz zählt für Aicher aber auch das Menschliche – und das passt. „Ich fand Alex gleich sympathisch und will ihn möglichst lange in meinem Betrieb behalten.“ Dort hat sich der sportbegeisterte Bruns mittlerweile sehr gut eingelebt. Er ist festes Mitglied im Radrennteam von Aicher Holzhaus und plaudert gegenüber seinen Kolleginnen und Kollegen ungezwungen aus dem Nähkästchen, wenn diese nach seinen Erlebnissen in Russland fragen.
„Gerade die Jüngeren im Team fragen gerne mal: Hey Alex, wie war das denn so bei der Weltmeisterschaft?“, berichtet Bruns. Obwohl er gerne von seinen Erfahrungen erzählt, ist der junge Zimmerermeister wieder ganz im Alltag angekommen. „Den Influencer sollen jetzt ruhig andere auf Instagram geben, die mehr als ich zu sagen und zeigen haben.“ Bruns genießt es in vollen Zügen, wieder Zeit für die Zimmerei, den Sport und sein Privatleben zu haben.
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