Wohnungsbau ökologisch: Holzbausteine statt Mauerziegel
19. September 2023
Die Bau- und Gebäudewirtschaft hat einen hohen Anteil am Treibhausgasausstoß. Laut einem Bericht der Vereinten Nationen (UN) verursachte dieser Sektor bereits 2019 über 38 Prozent der gesamten globalen CO2-Emissionen. Der Großteil entsteht zwar in der Nutzung, aber auch in der Herstellung der Materialien, wie etwa Zement, und im Bauprozess. Wie es anders gehen könnte, zeigt das Start-up Triqbriq, das für den Bau von Wohngebäuden ein System mit Holzbausteinen entwickelt hat, ohne Verwendung von Beton und Mauerziegeln. Ende Juli wurde das erste mehrgeschossige Wohngebäude mit diesem System in Frankfurt mit 430 Quadratmetern fertiggestellt.
Schadholz als Material für Holzbausteine
Die einzelnen Holzbausteine werden hochpräzise von Robotern vorgefertigt und auf der Baustelle zu einem massiven System zusammengefügt. Eine Besonderheit: Das Triqbriq Holzbausystem macht erstmalig einen nachhaltigen und kreislauffähigen Rohbau auf Basis von Kalamitätsholz möglich. Davon fallen jährlich Millionen von Festmetern an. Leider gibt es bisher kaum eine Verwertung jenseits der Verbrennung für diesen wertvollen Rohstoff. In den Holzbausteinen kommt dieses Holz nun zum Einsatz. Triqbriq verarbeitet Sturmholz, Insektenholz, Wipfelschnitte oder Abfallholz.
So sorgt das innovative System für eine ressourcenschonende Holznutzung im Rohbau. Und am Ende ihrer Nutzungsphase können diese Holzbausteine – die BRIQs – übrigens sortenrein rückgebaut und im Sinne von Nachhaltigkeit und Recycling von Materialien in eine neue Planung überführt werden. Auf diese Weise sind in dem nun gebauten Wohnhaus über 50 000 Kilogramm CO2 eingelagert.
Rohbau plus Dachstuhl steht in sechs Tagen
Ungewöhnlich ist vor allem die kurze Bauzeit des Projekts. In lediglich sechs Tagen wurde der gesamte Rohbau inklusive Dachstuhl fertiggestellt. Die vom Bauherrn beauftragten HandwerkerInnen waren nach Angaben von Triqbriq begeistert von der einfachen Handhabung der Holzbausteine. „Wir hatten bisher keine Erfahrung mit dem Triqbriq-System, es ist aber wirklich unglaublich einfach. Am Montagmorgen haben wir nach einer kurzen Einweisung mit dem Mauern des Erdgeschosses begonnen und konnten dieses bereits um 15 Uhr fertigstellen. Mit herkömmlichen Lösungen wie Kalksandstein dauert das bei einem vergleichbaren Projekt rund drei Tage. Auf Grund dessen war es uns möglich, den gesamten Rohbau sogar schneller als geplant umzusetzen“, erklärt Geschäftsführer Edis Dzanovic vom ausführenden Generalunternehmens B.E. Bau GmbH.
Nächste Bauvorhaben größer und höher
Auch Triqbriq-Vorstand Maximilian Wörner scheint sichtlich zufrieden mit der Umsetzung des ersten mehrstöckigen Gebäudes mit Holzbausteinen und blickt mit Freude in die Zukunft: „Wir freuen uns, mit unserem Triqbriq-System Teil dieses Bauvorhabens zu sein. Alle Bauabschnitte, bei denen die Holzbausteine involviert waren, liefen ausgezeichnet ab. Das ist das erste mehrstöckige Bauvorhaben, das wir mit unserem innovativen System beliefern und wir waren in allen Arbeitsschritten schneller fertig, als geplant. Jetzt blicken wir mit Vorfreude auf die anstehenden Projekte. Diese werden nicht nur deutlich größer, sondern dank unserer optimierten Technologie auch höher.“
Besuch vom Ministerpräsidenten Kretschmann
Nach dem Probeaufbau auf der Messe Bau in München und diesem ersten Bauprojekt ist die öffentliche Resonanz für die Technologie der Holzbausteine stark gestiegen. So ist es auch kein Zufall, dass Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) dem Start-up mit Firmensitz in Tübingen im Rahmen seiner Sommertour unter dem Motto „Dem Klimawandel mit Innovation begegnen“ jüngst einen Besuch abstattete.
Vor Ort machte sich Kretschmann einen Eindruck von den Möglichkeiten, die Triqbriq für einen nachhaltigen und kreislauffähigen Rohbau bietet. Vorstand Maximilian Wörner stellte dabei die eigens entwickelten und roboterunterstützten Produktionsanlagen des Unternehmens für die Holzbausteine und zudem die verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten des Systems vor. An einem Probeaufbau montierte Kretschmann eigenhändig einen der robotergefertigten Holzbausteine.
Kreislaufwirtschaft wird am Bau immer wichtiger
„Kreislaufwirtschaft wird auch in der Bauwirtschaft immer wichtiger. Wir brauchen innovative Unternehmen wie Triqbriq, um den Holzbau auszuweiten und künftig noch mehr CO2 speichern zu können. Den Kreis des im Bau verwendbaren Holz auf Schadholz auszuweiten und damit die verfügbaren Holzmengen deutlich auszuweiten, ist eine hochinteressante Idee“, so Ministerpräsident Kretschmann. „Unternehmen wie Triqbriq zeigen, wie wichtig Start-ups für die Transformation unserer Wirtschaft sind. Sie treiben Innovationen voran und machen Klimaschutz kopierfähig. Als Land unterstützen wir Start-ups deswegen mit voller Kraft.“
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