Zimmerer realisiert die eigenen vier Wände in Holzbauweise
12. September 2019
In Köln sollen bei Neubauten und der Erweiterung von Gebäuden verstärkt Holzbaustoffe eingesetzt werden. Das beschloss der Stadtrat jüngst einstimmig auf Antrag der Grünen. Bauen mit Holz und damit mit einem klimafreundlichen, nachwachsenden Rohstoff ist „in“. Alexander Rödel erkannte diesen Trend früh. Der Zimmerermeister aus Ratingen, der 1994 in die Lehre ging und seit 2002 selbständig ist, wusste schon als Kind, dass er später was mit Holz machen will. Sein aktuelles Projekt: Die eigenen vier Wände – natürlich aus Holz.
Holzbauweise: Baukastenprinzip für schnelle Umsetzung vor Ort
Hängend an vier Polyester-Schlaufen und einer Eisenkette schwebt die tonnenschwere Holzwand über die Baustelle. Mitarbeiter Torsten Klawuhn bedient per Fernbedienung den Baukran. Vorsichtig und höchst präzise führt er das Bauteil an seinen vorgesehenen Platz. „Der Begriff Baukastenprinzip beschreibt diese Bauweise am besten. Die einzelnen Teile müssen wie Legosteine zusammengesetzt werden. Wichtig ist dabei, alle Details zu beachten“, erklärt Rödel.
An vier Tagen lieferte die Firma „ABA Holz“ aus dem bayrischen Adelsried knapp 90 Tonnen der KLH-Massivholzplatten. Damit entstehen zwei Zweifamilienhäuser mit einer gesamten Wohnfläche von 454 Quadratmetern. Eine Hälfte bezieht Alexander Rödel mit seiner eigenen Familie. Der Umzug ist für Dezember geplant. Schon vorher werden die ersten Wohnungen im Herbst bezugsfertig sein.
„Der Holzbau bietet viele Vorteile. Einer davon ist, dass sich Bauprojekte sehr schnell umsetzen lassen“, erläutert Rödel. Dank der vorgefertigten Holzbauteile können wir Wände, Decken und das Dach in kürzester Zeit vor Ort zusammenbauen. „Ich kenne einen Handwerker aus Süddeutschland, der das Verfahren perfektioniert hat. Der schließt den Bau eines bezugsfertigen Einfamilienhauses in drei Monaten ab“, bemerkt der Zimmermeister.
Holzbauweise: Dünnere Wände bringen mehr Wohnfläche
Der Vorteil der kurzen Bauzeit spielt vor allem in dicht bebauten Gegenden seine volle Stärke aus. Hier sind keine langwierigen Verkehrssperrungen erlaubt und die Nachbarn sollen rund um die Baustelle so wenig wie möglich gestört werden.
Außerdem sind die Außenwände dünner gegenüber der herkömmlichen Bauweise. „Dadurch ergibt sich eine fünf Prozent größere Wohnfläche. In meinem Fall sind das 20 Quadratmeter, sprich ein ganzes Zimmer“, veranschaulicht Alexander Rödel. Darüber hinaus präsentieren sich Holzhäuser energetisch top und optisch ansprechend.
Schallschutzwände und sichtbare Holzdecken als Stilelement
Sichtlich stolz führt Alexander Rödel durch beide Häuser, für welche die DEG Dach Fassade Holz eG als Bedachungsfachhändler außer den Holzplatten alle weiteren Materialen vor Ort anlieferte, wenn sie benötigt wurden. Ein Schallschutz der Gebäudetrennwand von 78 Dezibel sorgt für Wohnkomfort mit Ruhefaktor. Eine Bodenheizung mit einer Luftwärmepumpe, die wärmt und kühlt, bringt das Haus auf die richtigen Temperaturen. Über die Holztreppe geht es einen Stock höher. Der Wohn- und Essbereich zeigt sich mit zwei großen Fensterlöchern, die vorgefertigt in der Holzwand platziert sind. Während die Stahlträger in den Decken verschwinden, bleiben die Holzdecken als Stilelement sichtbar. Über die spätere Terrassentür geht es weiter auf die geräumige Dachterrasse. Hier die neuen Bewohner künftig laue Sommernächte genießen.
Eine besondere Herausforderung war das Thema Brandschutz. Als Lösung diente eine spezielle Rigips-Brandschutzwand. Weiter plant das Architekturbüro ein Gründach mit Photovoltaikanlage, um die Energiekosten zu reduzieren und die nachhaltige Bauweise fortzuführen.
Holzbauweise: Architekten und Ämter gilt es zu überzeugen
„Für solch ein Projekt benötigen Sie vor allem die richtigen Partner. Eine große Aufgabe war es am Anfang den Architekten zu überzeugen, dass hier in Holz gebaut werden soll“, erinnert sich Rödel. Am Ende der Überzeugungszeit fanden sich zwei Angestellte aus dem Architekturbüro „mo.studio“. „Josef Dvorak und Matthias Hemmrich hatten da richtig Bock drauf und waren von Anfang an motiviert“, blickt der Mann aus Ratingen mit einem Lachen zurück. Mit der Stadtsparkasse Düsseldorf fand das Projekt den richtigen Finanzierungspartner. „Die Beraterin wohnt selbst in einem Holzhaus. Das war eine super Voraussetzung“, beschreibt Rödel den Findungsprozess. Zudem habe das Bauamt der Stadt Ratingen sehr gut beraten und tolle Arbeit geleistet. Von der ersten Idee des Holzhauses dauerte die Planung zwei Jahre, ehe alle Themen abgeschlossen waren und der Spatenstich erfolgte.
Ziel: Kindergarten oder Schule in Holzbauweise
Für die Zukunft hat Alexander Rödel ein Ziel: „Ich möchte gerne einen Kindergarten oder eine Schule in der Holzbauweise errichten. Sechs Wochen Sommerferien bieten sich geradezu an für diese Art von Bauen“. Vielleicht ja schon bald in Köln, wo ab jetzt verstärkt in Holz investiert wird.
Sie interessieren sich für Bauen mit Holz. Dann lesen Sie unseren Artikel über den Holzmodulbau eines Gebäudes für den Nationalpark Eifel.