Hannover Dachbau wirbt erfindungsreich um Nachwuchskräfte
Bild von Teilnehmerin des Girls´Day bei Hannover-Dachbau

Hannover Dachbau wirbt erfindungsreich um Nachwuchskräfte 

Gleich fünf junge Mädchen zwischen elf und 13 Jahren waren am Morgen um 6.30 Uhr auf dem Betriebsgelände von Hannover Dachbau in Isernhagen zum Girls’Day 2023 erschienen. „Als sie kamen, waren da schon unsere vielen gewerblichen Mitarbeiter. Der Anblick der vielen erwachsenen Männer schreckte die Teilnehmerinnen aber keineswegs ab. Sie sind mutig mit in die Autos gestiegen und los ging es auf die Baustellen“, berichtet die Büromitarbeiterin Nicole Droll, die den Girls’Day organisiert hat. „Mit den ganzen Jungs, da müssen sie sich schon trauen.“

Logo vom Girls´Day
Der Girls’Day ist eine gute Chance für Betriebe in Sachen Nachwuchswerbung. (Logo: Website Girls’Day)

Girls’Day: Alle Mädchen haben mit Spaß gearbeitet

Auf den Baustellen konnten die Mädchen ausmessen, falzen, Holzbalken sägen oder ein Gründach abtragen. „Sie waren alle mit Spaß dabei, haben so schön mitgearbeitet und waren hinterher total happy“, sagt Droll. Die Jüngste blieb im Büro und machte die Teamplanung mit Dachdeckermeister Bastian Kleber. Dann fuhr die 11-Jährige mit ihm zu den Baustellen und kletterte auch mit auf die Gerüste. „Am Ende des Tages sagte sie, dass sie Dachdeckerin lernen möchte“, erzählt Kleber.

Bild von Mia beim Gründachabtragen
Girls’Day: Pia schwingt die Schaufel beim Abtragen einer alten Dachbegrünung auf dem Flachdach. (Alle Fotos und Titelbild: geblitztdings.de)

Girls’Day: Aufwand für die Organisation lohnt sich

Für Hannover Dachbau hatte Nicole Droll Anfang März eine Anzeige auf der Girls’Day Website geschaltet. Die Nachfrage war riesengroß, der Betrieb hätte deutlich mehr Plätze vergeben können und richtete deshalb einen Tag später noch einen Nachwuchstag aus. „Bei uns riefen nicht nur junge Mädchen, sondern auch Eltern oder Lehrer an.“ Natürlich kostet die Organisation Zeit und Geld, aber wie das Beispiel Hannover Dachbau zeigt, lohnt sich der Aufwand. Und das aus mehreren Gründen. Womöglich macht eines der begeisterten Mädchen eine Ausbildung als Zimmerin oder Dachdeckerin im Betrieb. Sicher sind die Mädchen gute Multiplikatorinnen, die in ihrer Klasse und gegenüber ihren Freunden und Freundinnen positiv berichten werden. Und insgesamt konnte Hannover Dachbau, Mitgliedsbetrieb der Dachdecker-Einkauf Ost eG, mit dieser Aktion die regionale Bekanntheit steigern. Nicole Droll berichtet über die Erfahrungen mit dem Girls’Day auch im Podcast ZVDH aktuell.

Bild vom Girls´Day bei Hannover-Dachbau
Bislang ist Zimmerergesellin Valerie Gieseke die einzige Frau unter den gewerblichen Mitarbeitern.

Nachwuchswerbung gehört zur Betriebsstrategie

Nachwuchswerbung ist ein zentraler Baustein der Betriebsstrategie. Es gibt einen Instagram-Kanal, den eine externe Agentur betreut, um in den sozialen Medien aktiv zu sein. Und Hannover Dachbau sucht die Kooperation mit Schulen, ist etwa vor Ort bei den Berufstagen der nahen IGS Isernhagen, und der Agentur für Arbeit über Praxisprojekte oder Präsentationen. So war der Betrieb Anfang Mai im Rahmen einer Ausstellung aktiv. Da wurde vorgestellt, wie Berufsbilder in 20 Jahren aussehen werden. „Wir wollen Schülern, Eltern und Lehrern klarmachen, was heute die Dachdecker und Zimmerer alles machen in Neubau und energetischer Sanierung mit PV-Anlage und Gründach sowie mit Unterstützung von Drohnen und iPads für die Baustellen“, erklärt Droll. 

Bild von Linda beim Girls´Day bei Hannover-Dachbau
Girls’Day: Linda packt mit an bei der Mauerabdeckung auf dem Flachdach.

Straßenbahnticket oder Fahrrad werden finanziert

Betriebe müssen heute etwas tun, wenn sie Auszubildende finden wollen. Nur auf Bewerbungen zu warten, funktioniert nicht mehr. Geschäftsführer Bastian Westmann weiß das nicht nur, er handelt auch entsprechend. Aktuell gibt es fünf Azubis, zwei lernen aus, drei neue kommen im Sommer hinzu, Dachdecker und Zimmerer. „Dabei ist für uns der Standort ein echter Vorteil, weil viele junge Leute heute keinen Führerschein mehr machen wollen. Die Straßenbahn fährt fast bis zum Betrieb in 20 Minuten vom Hauptbahnhof Hannover“, so Westmann. Der Betrieb finanziert das Ticket sowie alternativ ein Fahrrad oder E-Bike.

Alle Azubis sollen übernommen werden

Ziel ist es, alle Azubis zu übernehmen, die den Abschluss schaffen und bleiben wollen. Aber es ist auch okay, wenn die Junggesellen woanders weiterlernen. „Bei uns ist jetzt auch ein Geselle nach Jahren wiedergekommen und hat sich in einem anderen Betrieb gut entwickelt“, erläutert Westmann. Den Spruch vieler Kollegen, „ich bilde doch nicht für andere aus“, kann der Chef nicht mehr hören. Ihn wundert auch, dass es in Innungsversammlungen über alles Mögliche Vorträge gibt, aber viel zu wenig über die Gewinnung von Fachkräften gesprochen wird. Im Gegenteil: Die Innung Hannover hatte ein Azubi-Schulungszentrum für zusätzlichen Praxisunterricht. Damit ist Schluss, die Räume werden inzwischen vermietet.

Bild von Azubis bei Hannover-Dachbau
Von erfahrenen Gesellen auf dem Baustellen lernen – die Azubis bei Hannover Dachbau erhalten zudem weiteren Praxisunterricht.

Praxisunterricht und Hilfestellung für Azubis

Westmann sucht da lieber auf einem Personal-Seminar speziell für Dachdecker nach Anregungen, wo neben anderen Experten auch Heiner Hanebutt vom gleichnamigen Großbetrieb aus Neustadt am Rübenberge referierte. „Da haben wir uns ohne Konkurrenzdenken über unsere Ideen zum Thema ausgetauscht“, sagt Westmann. Bei Hannover Dachbau können die Lehrlinge jeden Freitag im Betrieb an einem Dachmodell zusätzlich üben. Und wenn ein Azubi Probleme hat, spricht Westmann direkt mal mit dem Berufsschullehrer, um herauszufinden, woran es liegt und wie zu helfen ist. In diesem Betrieb werden die Lehrlinge nicht allein gelassen mit Problemen, ob beruflich oder privat.

Mittlerweile bewerben sich auch Abiturienten

Der Erfolg dieser Nachwuchsstrategie kann sich sehen lassen. „Als wir bei Hannover Dachbau mit der Nachwuchswerbung begannen, hatten wir keine Interessenten, inzwischen bewerben sich schon Abiturienten bei uns.“ Neue Azubis machen vorher mindestens ein Praktikum, gerne nimmt Westmann auch Jugendliche, die nach der Schule ein Berufsvorbereitungsjahr machen. „Die steigen dann bei uns schon mal vorab als Helfer ein. Aktuell haben wir einen jungen Mann, der ab August in die Lehre wechselt.“

Bild von Azubis von Hannover-Dachbau auf der Baustelle
Ein gutes Standing hat das Team von Hannover Dachbau – inzwischen bewerben sich auch Abiturienten.

Gutes Standing bei Fachkräftegewinnung

Der Betrieb hat heute ein gutes Standing in Sachen Nachwuchswerbung und Fachkräftegewinnung. Neue Mitarbeiter kommen inzwischen über Mundpropaganda. Wenn in den nächsten zehn Jahren rund ein Fünftel der Gesellen aus Altersgründen ausscheiden, braucht das Bastian Westmann nicht zu beunruhigen. Bei Hannover Dachbau ist der älteste Geselle draußen auf den Baustellen Anfang 40. Es gibt einen älteren Meister mit 58 Jahren, aber im Büro kann der auch noch viele Jahre im Job bleiben.

Bild von Mitarbeitern der Hannover-Dachbau
Obwohl es viele erfahrene Gesellen gibt, der älteste gewerbliche Mitarbeiter ist gerade mal Anfang 40.

Meister direkt nach der Zimmererlehre

Bastian Westmann selbst machte seinen Meister direkt nach der Zimmererlehre mit 19 Jahren. Er hat dann als angestellter Meister schnell viel Verantwortung übernehmen müssen und dabei viel gelernt, weil sich der Inhaber mehr und mehr zurückzog. Er wollte sich dann eine neue Stelle suchen, als ihn Jan-Marco Hermann ansprach, Chef der Hermann Dachbau GmbH in Dohnsen im Weserbergland. Der fragte ihn, ob er nicht als Geschäftsführer bei einer Gründung in Hannover mit einsteigen wolle. Ein Betriebsgelände gab es auch schon im nahen Isernhagen.

Chef mit 24 Jahren

Westmann wollte und wurde Chef mit 24 Jahren. „Da haben wir erst einmal das Gebäude in vier Wochen umgebaut und saniert. Ich habe nebenher im Container das Geschäft gestartet und einen Infobrief an potenzielle Kunden im Raum Hannover versendet. Es gab viel positives Feedback, dass da ein neuer Dachdecker und Zimmerer kommt, der vom Dachstuhl bis zur Eindeckung alles komplett übernehmen kann“, erinnert sich Westmann. „Im ersten halben Jahr nach dem Start im Juni 2018 hatten wir sofort ein Plus.“

Bild von Zimmerermeister Bastian Westmann, Geschäftsführer bei Hannover-Dachbau
Zimmerermeister Bastian Westmann war mit 24 Jahren schon Chef und will mit dem Betrieb weiter wachsen.

Inzwischen 30 Mitarbeiter für boomendes Geschäft

Das Geschäft boomt, mittlerweile gibt es rund 30 Mitarbeiter. Der Firmensitz direkt an der A2 und der A7 gelegen, ist das Sprungbrett etwa für Aufträge im nahen Braunschweig, wo es wenige Dachdecker gibt. Und in Hannover entsteht gerade ein komplett neues Quartier. Zudem hatten die städtischen Behörden lange Zeit oftmals die Nachverdichtung im Bestand abgelehnt. „Da gibt es ein Umdenken und ein inzwischen vereinfachtes Verfahren“, erläutert Westmann.

Bild von Emma beim Girls´Day bei Hannover-Dachbau
Girls’Day: Emma hilft mit bei der Bohlenverstärkung, hier arbeitet sie mit dem Akkuschreiber.

Gute Basis gelegt für weiteres Wachstum

Der Betrieb ist in den fünf Jahren schnell gewachsen. Irgendwann waren es 17 Mitarbeiter und der Chef machte im Büro noch fast alles selber. „Da war ich schon an der Grenze der Belastbarkeit“, erinnert sich Westmann. Heute hat er wieder eine gute Balance gefunden und ein Team von vier angestellten Meistern, die mit ihrem jeweiligen Fachwissen alle Bereiche abdecken. Zudem gibt es im Büro Nicole Doll, „die mir den Rücken freihält“. Büro, Ehefrau, die in Teilzeit mitarbeitet, und Kinder: „Man muss ehrlich zu sich selbst sein, was man will und was man schaffen kann“, hat Westmann gelernt. Mit seinem aktuellen Führungsteam hat er eine Basis gelegt für weiteres Wachstum, das folgen soll und auch möglich ist – nicht zuletzt wegen der hervorragenden Nachwuchsarbeit.

Sie interessieren sich für innovative Betriebe in Sachen Fachkräfte? Dann lesen Sie unsere Story über Katrin Detring-Pomplun, beste Ausbilderin im Handwerk 2022.

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Das schwierige wirtschaftliche Umfeld verbunden mit einer sehr schwachen Baukonjunktur sorgten beim deutschen Holzhandel 2023 insgesamt für einen Umsatzrückgang von 15 Prozent. Teilweise ist dieser Umsatzrückgang aber auch weiter nachgebenden Preisen geschuldet. Die Jahresauswertung des monatlichen GD Holz Betriebsvergleiches zeigt deutlich, dass die schwachen Absatzmärkte im vergangenen Jahr voll auf die Umsatzentwicklung der Branche durchgeschlagen haben. Alle wichtigen Sortimente im Holzhandel sind von diesem Umsatzrückgang betroffen, am stärksten Schnittholz mit einem Umsatzrückgang von 24 Prozent.

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Das ifo Institut Dresden hat sich dafür ausgesprochen, das Rentenalter an die steigende Lebenserwartung zu koppeln. „Einige unserer Nachbarländer haben das bereits beschlossen, so die Niederlande, Schweden und Finnland“, sagt ifo-Rentenexperte Joachim Ragnitz. In den Niederlanden werde folgende Regel angewendet: Wenn die Menschen drei Jahre länger leben, müssen sie zwei Jahre länger arbeiten und bekommen ein Jahr länger Rente. Das Verhältnis von Rentnern zu Erwerbstätigen würde damit auch nach dem Jahr 2040 stabil bei rund 40 Prozent liegen und nicht auf fast 50 Prozent steigen, wie derzeit prognostiziert. 

16. Januar 2024