Josephin Süßer: Geballte Frauenpower im Dachdeckerbetrieb
18. Oktober 2022
Die Süßer Dachdeckerei und Solartechnik GmbH in Berlin ist ein erfolgreicher Allrounder. Geführt wird der Betrieb von Dachdeckermeisterin Josephin Süßer, die auf Qualität und gute Kommunikation mit Kunden und Mitarbeitern setzt.
Plötzlich ins kalte Wasser gesprungen
Entspannt, zugewandt und selbstbewusst – so wirkt Josephin Süßer im Gespräch. Sie ist eine Frau, die mit ihren 30 Jahren schon eine echte Herausforderung gemeistert hat und genau weiß, was sie will. Vor zwei Jahren musste sich ihr Vater aus gesundheitlichen Gründen von einem Tag auf den anderen aus dem Betrieb zurückziehen. „Nach der Meisterschule hatte ich Baustellen geleitet und dort Erfahrungen gesammelt. Dann musste ich plötzlich ins kalte Wasser springen und das Büro übernehmen“, erinnert sich Süßer.
Die Herausforderung Chefin alleine meistern
Wichtig war für sie, dass sich alle Mitarbeiter auf den Prozess eingelassen haben. „Es gab die totale Unterstützung. Und unsere Bürokraft Melanie Kazan hat viele Überstunden gemacht, um mir zu helfen, schnell hineinzufinden in die organisatorischen Abläufe“, berichtet die Dachdeckermeisterin. Auf externe Hilfe griff sie nicht zurück, auch wenn diese etwa von Kollegen aus der Innung angeboten wurde. Das war für Süßer eher eine Option für den Notfall. „Ich wollte es aber alleine stemmen und die Herausforderung meistern.“ Mit wem sie sich bis heute regelmäßig austauscht, ist ihr Vater. „Auf seine Erfahrung als vereidigter Sachverständiger im Dachdeckerhandwerk greife ich gerne zurück.“
Beruf Dachdeckerin eine Herzenssache
Süßer musste sich auch menschlich öffnen. „Wir haben intern sehr viele Gespräche geführt und auch in die Beratung der Kunden bin ich sehr gut hineingewachsen.“ Dabei ist ihr zugutegekommen, dass sie gerne kommuniziert und sich dafür Zeit nimmt: mit Kunden, Mitarbeitern oder auch Kollegen. Mit ihnen tauscht sich Süßer darüber aus, wie die Arbeit gerade so läuft. Und sie zeigt dabei, wie sehr der Beruf Dachdeckerin ihre Leidenschaft ist, „eine Herzenssache“, wie sie es formuliert. Daraus schöpft Süßer die Kraft, den Betrieb als Geschäftsführerin erfolgreich zu managen.
Süßer Dachdeckerei ist ein Allrounder
Was die Geschäftsfelder angeht, ist die Süßer Dachdeckerei und Solartechnik GmbH mit ihren aktuell 17 gewerblichen Mitarbeitern, darunter vier Klempnergesellen, ein Allrounder. „Wir machen alles von Neubau bis Sanierung und Dachausbau, stellen auch Dachstühle auf und haben ein eigenes Team nur für Reparaturen“, sagt die Dachdeckermeisterin, die in der ersten Ausbildung Tischlerin gelernt hat. Der Kundenstamm ist vielfältig und reicht von Privatkunden und Eigentümergemeinschaften bis zu Hausverwaltungen und Architekten. „Von der Geschossdecke über den Dachstuhl bis zu Fenstern und Eindeckung bieten wir alles aus einer Hand.“ Dachfenster sind immer öfter Teil der Aufträge. Der Betrieb ist „Velux-Experte“.
Kunden werden intensiv beraten
Ein gutes Beispiel ist ein neues Projekt, das im Oktober starten soll. Hier wird ein Privathaus komplett saniert. Süßer reißt das alte Dach ab, stellt einen neuen Dachstuhl auf und macht die Eindeckung inklusive Einbau Dachfenster. „Die Eindeckung ist mit PV-Dachziegeln (Biberschwanzziegel) in Anthrazit und wird somit fast vollständig auf dem Dach verlegt. Das ergibt ein schönes Bild“, berichtet Süßer. Sie hat den Kunden intensiv beraten und freut sich über die gelungene Lösung, die ihr Team bald in Angriff nehmen darf. Was auch typisch ist: Bei diesem Projekt arbeitet der Betrieb in enger Kooperation mit anderen Gewerken im Auftrag eines Architekten. „Wir kennen uns alle seit Jahren, ob es Trockenbauer oder Elektriker sind. Das macht die Zusammenarbeit effektiver, jeder denkt für den anderen mit.“
Geschäftsfeld Solartechnik steht im Firmennamen
Kooperation ist auch wichtig beim Thema Photovoltaik. Bei Süßer steht die Solartechnik buchstäblich im Firmennamen. Schon der Vater bediente diese Nische. „Wir hatten dann fünf Jahre fast gar keine Projekte, doch seit Anfang 2021 zieht die Nachfrage wieder an“, erläutert Süßer. Ihre Schwester Jennifer ist gerade dabei, einen Elektriker als festen Kooperationspartner zu finden. Und Mitarbeiter werden in diesem Herbst bei Weiterbildungen der Dachdeckerinnung geschult. Hintergrund ist das Solargesetz in Berlin, das ab Jahresbeginn 2023 bei neu gebauten Wohnhäusern und gewerblichen Gebäuden sowie größeren Dachsanierungen die Errichtung einer Photovoltaik-Anlage vorschreibt. „Das ist eine gute Sache, die Dachflächen stehen ja zur Verfügung“, meint Süßer. Die Herausforderung sei allerdings das Thema der aktuell langen Lieferzeiten für die Materialien.
Die Qualität stimmt
Die Auftragslage ist sehr gut. Viele Kunden kommen immer wieder und sie empfehlen die Arbeit des Betriebs weiter, der Mitglied der Dachdecker-Einkauf Ost eG ist. Auf die Frage, warum das so ist, kommt die Antwort von Josephin Süßer ohne Zögern: „Die Qualität stimmt bei uns, alles wird nach den Fachregeln umgesetzt. Wir erklären zudem gut und ausführlich, warum wir was machen. Wir nehmen uns Zeit für unsere Kunden.“ Für Süßer ist dabei auch das Persönliche in Gesprächen wichtig, um sich kennenzulernen und Vertrauen aufzubauen. „Zudem haben wir super Jungs draußen, die freundlich sind sowie sehr gewissenhaft und gut arbeiten.“
Weil ein Dach etwas ganz Besonderes ist
Schon ihr Vater, der den Familienbetrieb am 2. September 1993 in Lankwitz im Berliner Süden gründete, hatte den Leitspruch: „Weil ein Dach etwas ganz Besonderes ist.“ Diese Leidenschaft lebt auch Josephin Süßer gemeinsam mit ihrem Team. Es ist die Identifikation mit dem eigenen Tun, die im Kontakt mit ihr sofort spürbar wird, und der Spaß an der Zusammenarbeit – im kleinen Frauenteam des Büros mit Melanie Kazan und ihrer Schwester Jennifer Süßer, die studierte Architektin ist und damit eine weitere Expertise einbringt. „Sie unterstützt mich bei der Bauleitung und auch bei der Angebotserstellung, wenn es um fachliche Formulierungen geht, und bei wichtigen Mails mit ihrem Know-how. Und wir bereiten zusammen vor, wie wir den Kunden im Gespräch etwas am besten erklären können. Es ist eine richtig gute Zusammenarbeit“, beschreibt es Süßer.
Harmonie und Zusammenhalt im Team
Spaß macht auch das Miteinander im gewerblichen Team, zu dem ihr Bruder Heiko Wucknitz als Dachdeckergeselle gehört. Einige ältere Gesellen kennen Süßer schon seit ihrer Kindheit. „Das Verhältnis untereinander ist sehr harmonisch, es wird auch privat gesprochen über Familie und Kinder. Mir ist es wichtig, immer ein offenes Ohr zu haben für unsere Mitarbeiter.“ Es sei ein sehr gefestigtes Team mit echtem Vertrauen untereinander und zu ihr als Chefin. „Wir feiern auch Geburtstage und Feste zusammen. Da sind dann die Familien der Mitarbeiter dabei“, berichtet die Dachdeckermeisterin.
Motivierte Mitarbeiter
Bei Süßer sind die Mitarbeiter genauso motiviert wie die Chefin. Die bespricht morgens mit ihren Bauleitern alle wichtigen Themen, lässt sie dann auf den Baustellen die Arbeit eigenverantwortlich umsetzen. „Ich habe Vertrauen, dass sie das können. Solange es keine Rückfragen gibt, weiß ich, das alles gut läuft.“ Dazu gehört auch, dass die Mitarbeiter mitdenken. „Die Jungs schauen sich auf der Baustelle alles im Überblick an, nicht nur die Dachrinne, die sie vielleicht aktuell reparieren. Und sie geben den Kunden Hinweise, wenn ihnen Probleme auffallen.“ Das gehört zum guten Service à la Süßer.
Weiterbildungen und bestes Arbeitsmaterial
Besonders wichtig sind Süßer auch Weiterbildungen, die alle Mitarbeiter in Anspruch nehmen. Zudem ist das Team immer auf dem aktuellen Stand der Technik in Sachen Werkzeug und Maschinen. „Sie können und sollen da eigene Ideen einbringen, was sie brauchen, um noch effektiver arbeiten zu können“, erklärt die Dachdeckermeisterin. Der Betrieb hat vier Senkrechtaufzüge und zwei kleinere Schrägaufzüge, gegen das unnötige Schleppen von Material. Kräne werden bei Bedarf gemietet. Es gibt einen Pritschenwagen für Material, ansonsten Kleintransporter und einen Smart für das Büro, perfekt für die Parkplatzsuche in Berlin. Josephin Süßer selbst fährt gerne mit dem E-Bike zu Baustellen oder Kunden.
Für die Dachdeckermeisterin ist wichtig, dass die Abläufe effizient und wirtschaftlich sind. Dazu gehört auch ein Firmensitz, den die Familie Süßer seit über 20 Jahren gemietet hat. Es muss auch hier, wie bei den Kränen, kein Eigentum sein. Wichtiger ist die gute Verkehrsanbindung und dass in den Gebäudeteilen Platz genug vorhanden ist für das Büro, die Garagen, das Material, die Klempner-Werkstatten mit Abkantbänken für die Metallverarbeitung oder Modellwände für die Lehrlinge.
Die Lehrlingswartin der Innung bildet selbst aus
Süßer selbst bildet persönlich aus, aktuell hat der Betrieb vier Azubis. Als erste Frau ist sie Lehrlingswartin sowie Mitglied der Prüfungskommission für die Gesellenprüfung in der Berliner Dachdeckerinnung. „Das ist ein tolles Ehrenamt, weil ich viele Einblicke erhalte.“ Süßer führt Problemgespräche mit Lehrlingen und auch Schlichtungen zwischen Azubi und Chef. „Da bin ich neutral und helfe mit, eine Lösung zu finden. Es geht ja darum, dass die Lehrlinge die Ausbildung beenden, notfalls auch in einem anderen Betrieb.“ Süßer nimmt sich Zeit für das Ehrenamt, „weil ich den Beruf liebe, der so vielseitig ist. Es packt mich so sehr, dass ich gerne Freizeit investiere.“ Und ihr gefällt die Geselligkeit in der Innung. „Das ist, wie auch im Betrieb, eine Familie. Die Kollegen sind wie Freunde.“
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