Köster Bedachung baut auf Erfahrung im Doppelpack
26. Juli 2022
Der Lausbub von einst ist groß geworden, aber flink war er schon damals. Dies rettete ihm seine Haut. Denn einst witterten die alten Hasen ihrer beider Streich. Auch der Cousin versuchte zu türmen, doch wurde geschnappt und musste für den ulkig gedachten Coup bezahlen. Er fand sich im Schuttcontainer wieder. Marc Köster rannte – besorgt auch dort zu landen. Mehr als zehn Jahre später haben er und Christoph Köster weniger Unfug im Kopf: Der eine ist Dachdecker- und Zimmerermeister, der andere Ingenieur.
Mit dem Alter kommt Verantwortung
In mittlerer Zukunft sollen sie alleinverantwortlich den Familienbetrieb Köster Bedachung, Mitglied der Dachdecker-Einkauf Nordwest eG, in Achim als Duo leiten. Die, denen das Duo einst als junge „Tunichtgute“ während des Tagewerks zusetzte, sind heute ihre Angestellten: Jörg Mindermann und Nils Heidorn. Schon lange arbeiteten diese für die Eltern der beiden Chefs-in-Spe. Sie sind als alte Garde der Gesellen nicht wegzudenken.
Säulen des Erfolgs: Dachdeckergesellen
Heute sitzen Marc Köster und die zwei langjährigen Dachdeckergesellen lachend über die längst vergangene Zeit beisammen: „Wir wurden ja von denen miterzogen“, erinnert er sich. Er vertritt bei einem freudigen Anlass die Geschäftsführung der Firma. Denn Jörg Mindermann erreichte 2022 sein 25. Jahr der Unternehmenszugehörigkeit. Nils Heidorn überschritt diese Marke bereits im vergangenen Jahr. Damit sind sie der Inbegriff der Seniorität, nur eine andere Person, Martin Sandau (36 Jahre) kann auf noch mehr Jahre bei dem Traditionsunternehmen zurückblicken.
Köster Bedachung als Ferienjobs
Die zwei Gesellen haben weit länger als die meisten anderen ihrer aktuell 33 Kollegen die Firma wachsen und auch im Jahr 2000 an den aktuellen Standort im Gewerbegebiet umziehen sehen. Und „man hat viele Menschen kommen und wieder gehen sehen“, so Jörg Mindermann. Solange sich der heute 32-jährige Marc Köster zurückerinnern kann, gehörten Nils und Jörg zum elterlichen Betrieb und irgendwann war der Spaß vorbei: „Mit 13 schickte uns mein Vater in den Ferien mit auf den Bau.“ Und dort arbeiteten wir von dann an den Gesellen zu – und lernten von ihnen die ersten Handgriffe des Dachdeckerhandwerks.
Kein Bock auf Pinselquälen
Der berufliche Weg von Jörg Mindermann hingegen begann 1986 mit 16 Jahren. Er absolvierte das damals noch übliche Berufsgrundbildungsjahr und setzte eine dreijährige Ausbildung zum Dachdecker in Baden oben drauf. Zuvor hatte er zwar noch ein Praktikum als Maler absolviert, doch „Pinselquälen war nicht so meins“, weiß der 54-Jährige noch heute genau. Anfang 1997 begann er dann für Köster Bedachungen zu arbeiten. Die ersten Jahre noch breiter aufgestellt, konzentriert sich seine Arbeit als Folge der allgemeinen Ausrichtung der Firma heute fast ausschließlich aufs Flachdach. Der Großteil der Aufträge entfalle laut Köster inzwischen schlicht auf dieses Feld.
Ausbilder mit reichlich Praxis
Obschon Jörg Mindermann immer wieder Lehrlinge unter seine Fittiche nimmt, hat er nie den Schritt in die Meisterschule getan: „Hab nie den Faible dazu gehabt“, sagt er. Sein Platz ist auf dem Dach, wenn er dabei während des Tagesgeschäftes ausbilden und seine Erfahrung weitergeben kann, super – dafür musste er weder bei Marc und seinem Cousin noch heutzutage bei der Folgegeneration von Dachdeckergesellen den Meisterbrief in der Tasche haben. „Er hat sich im Laufe der Jahre zu einem absoluten Experten im Bereich Flachdachabdichtung entwickelt“, lobt der einstige Schüler Köster den 54-Jährigen auch für seine Fachkenntnisse.
Ähnlich verhält es sich mit dem heute 50 Jahre alten Nils Heidorn. Seine Lehre absolvierte auch er, wo anders: Nämlich bei Herbert Grohl in Syke. 1996 kam er dann nach Achim, wo er sich rasch zum Vorarbeiter hocharbeitete und einige betriebsinterne Fortbildungen absolvierte – zum Beispiel zum Kranfahrer. „Man sattelte so Stück für Stück drauf, was eben gebraucht wurde“, begründet er. Doch auch ihn zog es nie zur Meisterschule.
Seit fast drei Jahrzehnten bei Köster Bedachung
Seit 26 Jahren arbeitet er für Köster Bedachung – seit einiger Zeit bei einer Tochterfirma, die sich um kleinere Reparaturen kümmert. „Das geht in etwa bis zu einem Volumen von 5000 Euro“, beziffert er die Grenze ab wo in der Regel dann die Hauptfirma übernimmt. Diese verfügt schlicht über mehr Personal und kann diese Aufträge zügiger abarbeiten. „Bei uns geht es ja darum, den Kunden mit ihren oft dringenden, wenn auch kleineren Schäden schnell zu helfen“, erläutert er. „Wir haben im Schnitt einfach mehr einzelne Kunden.“ Zu seinem Alltag gehört deshalb auch einiges an Fahrerei, um die Anfragen abzuarbeiten und Dächer zu inspizieren. „Vor allem nach Stürmen können schnell innerhalb weniger Stunden 300 Anrufe reinkommen.“
Ein Schuldach fernab der Heimat
Obschon sie heute in zwei verschiedenen Bereichen innerhalb der Firmengruppe arbeiten, war das lange anders. Und vor allem an einen Auftrag erinnern sich beide immer wieder gerne: das Dach einer Schule auf Baltrum. Denn wenn die meisten Kunden der Firma aus einem Umkreis von maximal 40 Kilometern kommen, stellt die Entfernung bis auf die Nordseeinsel schon eine Ausnahme dar – fast 140 Kilometer Luftlinie. „Wir haben dort wochentags übernachtet und sind nur fürs Wochenende nach Hause gefahren“, erinnert sich Nils Heidorn. „Fast ein Vierteljahr“, ergänzt sein Kollege, „hat die Baustelle in Anspruch genommen. Das war ein großer Auftrag.“
Und mitunter hat man als geneigter Fernsehzuschauer das dabei gedeckte Dach auch schon im Fernsehen gesehen: „Inzwischen hätte es sich gelohnt, unser Logo zu platzieren“, scherzt Marc Köster, wenn er an die Schule auf Baltrum denkt. Derart oft habe er das Gebäude zu verschiedenen Anlässen inzwischen über den Bildschirm flackern sehen.
Auf Jörg Mindermann und Nils Heidorn ist Verlass
„Auf die kann man sich hundertprozentig verlassen“, schwärmt Marc Köster von seinen beiden langjährigen Mitarbeiter. „Egal, wo der Schuh drückt, die beiden sind da.“ Und nicht nur das Engagement und die Qualität der Arbeit passt, sondern auch die Seltenheit von Fehltagen: „Die beiden fallen extrem wenig aus“, zieht er den Vergleich zu manch einem der jüngeren Gesellen. „Auch wenn es mal weniger passt, es wird trotzdem angepackt.“ Denn das Alter bringt auch im Handwerk nicht nur mehr Erfahrung, sondern meist auch eine nachlassende Gesundheit mit sich – nichts Ernstes, aber doch störend. „Die Knie werden nicht besser“, nennt Nils Heidorn als Beispiel, wo es immer öfter mal zwickt.
Herausforderungen gemeinsam meistern
Und nicht nur das macht den beiden zu schaffen: Alle Angestellte müssen mit dem Druck in der Branche klarkommen: „Es ist stressiger geworden“, schätzt Heidorn ein und Jörg Mindermann nickt zustimmend. „Es wird teuer, immer mehr Produkte kommen hinzu, die Aufträge werden komplexer, der Zeitdruck nimmt zu“, erklärt er weiter. Gleichzeitig werde aber alles auch für Kunden immer transparenter, das sorge für ein Zusammenstauchen des Preisgefüges. „Damit müssen auch wir umgehen“, sagt ihr beider Nachwuchschef und verweist auf die um sich greifende Materialknappheit, gepaart mit hoher Inflation. „Doch die Löhne bleiben auf der Strecke“, beklagt Nils. Vor allem im Vergleich zur verarbeitenden Industrie zeige sich ein immer steileres Gefälle – zum Nachteil der Handwerker auf dem Dach.
„Wir zahlen nach Tarif und darüber hinaus“, zeigt Marc Köster auf. Doch der Preisdruck erlaube auch hier eben keine Sprünge nach oben, wenn Sie nicht von den großen Gewerkschaften begleitet und so in der Breite durchgesetzt werden.
Der Junior und sein Streichkumpan von einst blicken heute gemeinsam mit den zwei Gesellen einer ereignisreichen Epoche für die Dachdeckerbranche entgegen. Doch es wird der Moment kommen, an dem eine Ära endet: Nils Heidorn und Jörg Mindermann verlassen Köster Bedachungen, aber wohl kaum zur Konkurrenz – nur noch in die verdiente Rente.
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