Wenn Unwetter die Dachdecker-Baustellen zerstören
6. Januar 2022
Versicherungsexperte Christian Bargheer erklärt, wie Dachdecker und Zimmerer ihre Arbeit auf den Baustellen so versichern, dass sie bestmöglich gegen Schäden durch Extremwetter abgesichert sind. Er ist Geschäftsführer der DEBAU, die sich auf Versicherungen für Betriebe des Dachhandwerks spezialisiert hat.
Wenn die Dacharbeiten von Tagen oder Wochen durch ein Unwetter beschädigt werden, kann es teuer werden für den ausführenden Betrieb. Denn in der Regel muss die Bauleistung neu erbracht werden, wenn sie noch nicht abgenommen wurde. Schlimmstenfalls kommen Wasserschäden am Gebäude hinzu, für die der Dachdecker dann ebenfalls haften muss. Was ist also präventiv zu tun in Sachen Versicherungen?
Mindestens Standard: Die Haftpflichtversicherung
Mit der Betriebshaftpflichtversicherung schützen Dachdecker sich, wenn Sach- und Personenschäden entstehen, die im Zusammenhang mit der durchgeführten Baumaßnahme stehen. Beste Beispiele bei Unwettern: Ein Sturm reißt Dachziegel herunter, die dann einen Passanten treffen und verletzen, oder ein umgewehter Bauzaun beschädigt ein parkendes Auto. „Die Haftpflichtversicherung muss in der richtigen Höhe abgeschlossen werden, damit die Deckungssumme im Schadensfall auch ausreicht“, erklärt Christian Bargheer. „Fünf bis zehn Millionen Euro sollte die Deckungssumme schon betragen.“
Dachdecker: Bauleistungsversicherung ist Pflicht
Doch was ist, wenn das frisch eingedeckte Dach weggefegt wurde, die bisher erbrachte Bauleistung völlig zerstört und womöglich noch Wasser eingetreten ist? Wer sich vor den hohen Folgekosten schützen will, die entstehen, weil die Bauleistung neu erbracht und Schäden am Haus beseitigt werden müssen, der braucht neben der Betriebshaftpflichtversicherung auch eine Bauleistungsversicherung. Sie erstattet nicht nur Materialkosten und Gehälter, sondern – wenn erforderlich – auch Kosten für Abbruch, Entsorgung und Aufräumarbeiten der eigenen Bauleistung.
Abgesichert gegen Starkregen, Sturm oder Hagel
Wie auch die Betriebshaftpflichtversicherung ist eine Bauleistungsversicherung gesetzlich nicht vorgeschrieben, aber mehr als angeraten – und das nicht nur in Regionen mit erhöhter Unwetterwahrscheinlichkeit. Die Bauleistungsversicherung greift bei Schäden durch Hochwasser, Starkregen, Sturm, Hagel oder andauerndem Frost und kann durch den Bauherrn für alle Beteiligten abgeschlossen werden.
Die überschaubaren Kosten werden dann umgelegt. Ist dies nicht der Fall, sollte sich der Dachdecker selbst entsprechend versichern. Je nach Versicherungstyp kann die Bauleistungsversicherung sogar über die Bauphase hinausreichen.
Baustellen absichern bleibt wichtig
„Zu bedenken ist dabei, dass die Versicherung nur bei un- oder außergewöhnlichen Naturereignissen greift“, gibt Experte Bargheer zu bedenken. „Wer im Dezember an der Nordsee Dächer eindeckt, für den sind Stürme nicht ungewöhnlich, sondern ein kalkuliertes Risiko. Dafür kommt keine Versicherung auf.“
Handelt der Handwerker zudem fahrlässig und ergreift beispielsweise trotz Unwetterwarnung keine für das Gewerk üblichen Sicherungsmaßnahmen, haftet die Versicherung ebenfalls nicht. Denn dass ein Sturm etwa ein Toilettenhäuschen umstürzen kann, ist für den Handwerksbetrieb absehbar. Hier muss gut gesichert und befestigt werden.
Haftung nach BGB
Tritt ein Schadensfall vor der Bauabnahme ein, richtet sich die Haftung auch nach dem geschlossenen Vertrag. Mit privaten Kunden wird in der Regel ein Bauvertrag gemäß BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) geschlossen. Laut BGB-Vertrag trägt der Dachbaubetrieb bis zur Abnahme das volle Risiko. „Ob das Dach durch Blitzschlag oder Brandstiftung zerstört wird, ist dabei egal“, erklärt Fachmann Bargheer. „Der beauftragte Handwerker muss die Bauleistung in der Regel erneut erbringen, wenn sie vor der Abnahme beschädigt oder zerstört wird.“
Haftung nach VOB
Bei einem öffentlichen Auftraggeber, etwa einer Kommune, werden Verträge gemäß VOB (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen) geschlossen. Hier weicht die Regelung ab. Christian Bargheer erklärt: „Wird die Leistung vor der Abnahme durch höhere Gewalt oder für den Handwerker unabwendbare Ereignisse beschädigt oder zerstört, trägt – bei einem wirksam vereinbarten VOB-Vertrag – der Auftraggeber Risiko und Folgen.“
Geschulter Blick auf Versicherungen und Verträge lohnt sich
Wer sichergehen will, dass er im Schadensfall auch gut geschützt ist, der sollte in jedem Fall einen Fachberater konsultieren. Der wirft einen kritischen Blick auf den bestehenden Versicherungsschutz und deckt Lücken auf. „Viele Dachdecker und Zimmerer glauben zum Beispiel, dass ihre Bauleistung durch die vorliegende Feuerrohbauversicherung abgedeckt ist. Das ist ein Irrtum“, weiß Bargheer aus Erfahrung.
Brennt das Gebäude vor der Abnahme ab, haftet laut BGB-Vertrag der Dachdecker, auch wenn eine Feuerrohbauversicherung vorhanden ist. Und auch, ob ein VOB-Vertrag überhaupt gilt, sollte geprüft werden. Denn häufig werden VOB-Verträge auch mit gewerblichen Kunden geschlossen. Nur, wenn der VOB-Vertrag hier voll wirksam ist, geht das Schadensrisiko vor der Abnahme auch auf den Auftraggeber über. Ein geschulter Blick lohnt daher immer.
Sie interessieren sich für das Thema Versicherungen? Dann lesen Sie, welchen Schutz ein Betrieb für seinen Firmensitz benötigt, um dort gegen Extremwetter ausreichend abgesichert zu sein.