Erfolg ist planbar – Kennzahlen und Tools für Dachdecker
27. Juli 2023
Die Auftragslage für Dachdecker ist weiterhin sehr gut. Viele Betriebe sind bereits voll ausgelastet für dieses Jahr, vor allem über die energetische Dachsanierung im Bestand, hinzu kommen PV-Anlagen und Dachbegrünung. Doch eine top Auslastung sagt noch nichts darüber aus, wie profitabel die Betriebe tatsächlich wirtschaften, ob und in welcher Höhe sie Gewinne erzielen und wie sie im Zweifel erfolgreich gegensteuern können.
Kennzahlen geben Auskunft über Stärken und Schwächen
Das lässt sich anhand von Kennzahlen ablesen, die der Steuerberater für den Chef aufbereiten kann. „Kennzahlen geben in kompakter Form Auskunft über Stärken und Schwächen des Betriebes und ermöglichen Aussagen über seine Finanzsituation und Zahlungsfähigkeit“, erläutert Felix Fink, Bereichsleiter Wirtschaft und Unternehmensführung beim Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH).
Umsatzrentabilität ist die wichtigste Kennzahl
Die wichtigste Kennzahl ist für Fink die Umsatzrentabilität. Diese gibt Auskunft darüber, wie hoch der Gewinnanteil am Umsatz ist. „Aktuell ist dieser Wert erfreulich hoch, wie wir anhand der DATEV-Buchungsdaten sehen können, die wir regelmäßig für unseren Wirtschaftszweig analysieren. Der Gewinn vor Steuern lag 2022 für Kapitalgesellschaften durchschnittlich bei 6,6 Prozent und für Einzelunternehmer bei 17,5 Prozent. Der letztere Wert ist deutlich höher, weil bei Kapitalgesellschaften wie einer GmbH das Geschäftsführergehalt bereits eingerechnet wurde“, erklärt Fink.
Sauber kalkulieren oder einfach Preise erhöhen
Im Rating der Banken und Kreditinstitute ergeben beide Werte ein „gut“ oder sogar „sehr gut“. Heißt das auch, dass die meisten Dachdecker tatsächlich so sauber kalkulieren, dass über laufende Kosten, womögliche Investitionen und ein auskömmliches Chefgehalt hinaus ein Gewinn übrig bleibt? Einer, der dem unternehmerischen Risiko angemessen ist? Felix Fink sieht einerseits die Entwicklung, dass die Betriebe erkannt haben, dass sie angesichts der anhaltenden Nachfrage der Kunden auch ihre Preise entsprechend erhöhen können. Doch auf der anderen Seite stellt sich die Frage, ob als Basis dafür wirklich sauber kalkuliert wird in Sachen Stundenverrechnungssätze.
Einträgliche Kalkulation lohnt den Aufwand
„Auch in guten Zeiten gilt: Die Betriebe sollten sich die Mühe machen, einträglich zu kalkulieren. Doch viele sind getrieben vom hohen Alltagsdruck im Büro, Aufträge bearbeiten, Rechnungen schreiben, die Bürokratie bedienen. Da zahlen einige drauf, obwohl sie viel zu tun haben“, erläutert Fink. Betriebe, die sich hingegen Gedanken machen, haben auch bei der Bank bessere Karten in Sachen Sicherheiten und Kreditlinien. „Kennzahlen machen Sachverhalte deutlich, die sich nicht unmittelbar aus den üblichen Betriebsdaten herauslesen lassen. Gleichzeitig dienen sie durch Vergleiche mit Werten aus früheren Jahren oder Branchendurchschnitten als Steuerungsinstrument. Auch für Kreditinstitute sind Kennzahlen wichtige Entscheidungskriterien im Rating-Prozess, der wiederum die Kreditvergabe an den Betrieb beeinflusst“, führt Fink aus.
ZVDH bietet Excel-Tool für Berechnung von Kennzahlen
Der ZVDH hat bereits im Februar 2016 in seiner Unternehmer-Info, Ausgabe 9, die Kennzahlen zusammengestellt, die für Dachdecker-Betriebe eine besonders hohe Aussagekraft haben. Zusätzlich wird im internen Mitgliederbereich der Verbandswebsite ein Excel-Tool bereitgestellt, mit dem sich die unterschiedliche Kennzahlen betriebsindividuell berechnen lassen. „Dazu müssen die in Gelb markierten Werte der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung im zweiten und vierten Register überschrieben werden. In den Folgeregistern werden die jeweiligen Ergebnisse der vorgestellten Betriebskennzahlen ermittelt und mit den auch im Jahr 2023 noch gültigen Mittelwerten der Sparkassen und Volksbanken-Raiffeisenbanken verglichen, um die Werte nach Schulnoten einzuordnen. Dazu gibt eine Ampelfarbe an, wo der Betrieb steht und Hinweise am Ende der Tabelle geben Auskunft darüber, wie man die Werte noch verbessern könnte“, erläutert Fink.
Erfolgreiche Betriebe nutzen hilfreiche Tools
Obwohl die Chefs dieses einfach zu handhabende Tool nur herunterladen und ihrem Steuerberater zukommen lassen brauchen für das Eintragen der aktuellen Daten, fallen die Zugriffsraten seit 2016 eher gering aus. „Es drängt sich der Verdacht auf, dass in der Vergangenheit größtenteils ohnehin erfolgreiche Betriebe mit genügend Manpower Interesse an der Ausarbeitung hatten“, berichtet Fink.
Und womöglich, so ließe sich hinzufügen, sind diese genau deshalb so erfolgreich, weil sie ihre Zahlen immer im Blick haben und bei Problemen sofort gegensteuern können. „Wir würden gern alle Dachdecker-Innungsbetriebe mit Know-how in diesem Bereich erreichen und unterstützen“, sagt Fink. Doch vielen Chefs scheint es zu aufwändig oder nicht notwendig, sich mit den eigenen Zahlen auseinanderzusetzen und damit noch erfolgreicher zu werden.
Kampagne „Faktor 3,5“ für Stundenverrechnungssätze
Da wird dann oftmals einer einfachen Lösungen der Vorrang eingeräumt. So warb der Dachdeckerverband Nordrhein unter dem Stichwort Faktor 3,5 bereits 2020 für einen Stundenverrechnungssatz, der auskömmlich sein und schwarze Zahlen bringen sollte. Hier gilt der betriebliche Mittellohn als Basis und ergibt multipliziert mit der Zahl 3,5 den neuen Stundenverrechnungssatz. „Wir wollen zum Nachdenken anregen sowie einen Prozess initiieren und weiterführen“, berichtete Geschäftsführer Thomas Schmitz damals. „Denn oft sind Stundenverrechnungssätze ein Zuschussgeschäft.“
Stundenverrechnungssatz besser betriebsindividuell ermitteln
Für Felix Fink ist das keine Lösung. Sein ZVDH-Fachausschuss hat schon vor Jahren den Dachdeckern eine im internen Bereich der Homepage abrufbare Excel-Datei entwickelt, mit deren Hilfe Betriebe exakt den erforderlichen betriebsindividuellen Stundenverrechnungssatz ermitteln können. Ganz ohne Faktor, ohne Bauchgefühl und auch unabhängig davon, was am Markt gerade irgendwie durchsetzbar erscheint.
In einen auskömmlichen Stundenverrechnungssatz gehören neben den Lohnkosten die tariflichen und gesetzlichen Sozialaufwendungen, die betrieblichen Gemeinkosten, der Unternehmerlohn, der Aufschlag für unternehmerisches Risiko und der Gewinn.
Die vier wichtigsten Kennzahlen aus Sicht des ZVDH im Überblick
1. Umsatzrentabilität
Die Umsatzrentabilität gibt an, wie viel Prozent des Jahresüberschusses vor Steuern in der Betriebsleistung (Umsatz) enthalten ist. Es handelt sich um die zentrale Kennzahl für den Erfolg eines Unternehmens.
2. Produktivität der gewerblichen Mitarbeiter
Die Betriebsleistung je Mitarbeiter zeigt an, wie groß die durchschnittliche Produktivität des einzelnen gewerblichen Beschäftigten im Kalenderjahr war. Es empfiehlt sich den Wert über Jahre hinweg zu verfolgen und mit den Zahlen ähnlich agierender Betriebe zu vergleichen.
3. Liquidität
Die Liquidität vermittelt einen Einblick in die Zahlungsfähigkeit eines Dachdecker-Betriebs am Bilanzstichtag. Hier geht es um das Verhältnis von flüssigen Mitteln und kurzfristigen Forderungen, etwa aus Bauprojekten, im Verhältnis zu kurzfristigen Verbindlichkeiten, etwa noch nicht bezahlte Materialeinkäufe.
4. Eigenkapitalquote (langfristiges Steuerungselement)
Die Eigenkapitalquote bezeichnet den Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital. Eine möglichst hohe Eigenkapitalquote kann laut ZVDH insbesondere mit Blick auf Haftung und Finanzierung von Investitionen wünschenswert sein. Ab 20 Prozent wird die Eigenkapitalquote als „gut“ bewertet.
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