Hessendach auf Kurs: Landesinnung gewinnt neue Mitglieder
26. September 2024
In den 1970er Jahren gab es den Slogan einer damals noch regierenden Partei im schönen Hessenland: „Hessen vorn“. Sollte das ein Zeichen sein für das, was sich unter „Hessendach“ entwickeln würde? Letzteres kann sich durchaus sehen lassen: Der Landesverband des Dachdeckerhandwerks Hessen hat die Zahl seiner Mitgliedsbetriebe in den 18 Innungen in einem Senkrechtstart binnen der letzten fünf Jahre von 510 auf über 600 gesteigert.
Reformierte Beitragsgestaltung
Geschäftsführer Norbert Hain sieht ein Zugpferd für den rasanten Mitgliederzuwachs in einer reformierten Beitragsgestaltung. „Wir haben die Struktur der Beiträge so verändert, dass zwar der Grundbeitrag moderat angehoben wurde, gleichzeitig aber der Lohnsummenanteil nach unten abgestuft wurde“, erklärt Hain. Das hat dazu geführt, dass gerade größere Betriebe, die sonst aufgrund der hohen Lohnsummen nicht gerade die Stamm-Innungsmitglieder waren, den Innungen treu geblieben oder sogar neu hinzugekommen sind in die große Gemeinschaft von Hessendach.
Schnuppermitgliedschaft macht Appetit auf mehr
„Außerdem bieten wir eine Schnuppermitgliedschaft bei Innungsbeitritten mitten im Jahr“, verrät Hain. „Da können potenzielle Neumitglieder einfach mal testen – und selbst erfahren – wie viele Vorteile die Mitgliedschaft bietet.“ Und die Vorteile scheinen zu überzeugen. Denn von den Innungen bekommt Norbert Hain volle Unterstützung für das Konzept: „Aktiv werden Neue angefüttert mit Zusatzinformationen. Das macht Appetit auf dauerhafte Mitgliedschaft.“
Bei Hessendach tendiert der Altersdurchschnitt nach unten
Auch wenn der Trend zur papierlosen Büroorganisation geht: Mitgliederrundschreiben gibt es bei Hessendach nach wie vor in gedruckter Form, weil die Informationen innungsintern bleiben sollen. „Die Hemmschwelle, eine digitale Information mal schnell an Kollegen weiterzuleiten, die noch nicht in der Innung sind, ist geringer als eine auf Papier gedruckte Info zu kopieren und weiterzugeben“, so die Erfahrung von Norbert Hain. Und der Erfolg scheint ihm recht zu geben. Dabei setzt Hessendach nicht allein auf die gute alte Tradition, immer schon Innungsmitglied zu sein. Erfreulicherweise ist der Trend zur Mitgliedschaft – auch wegen der exklusiven Leistungen und Rahmenabkommen – auch bei der nachrückenden Generation von Betriebsinhabern deutlich zu verzeichnen. Norbert Hain freut sich: „Der Altersdurchschnitt bei den Innungen und beim Ehrenamt tendiert deutlich nach unten.“
Rund 800 Auszubildende
Optimistisch in die Zukunft blicken kann das Dachdeckerhandwerk Hessens auch deshalb, weil derzeit rund 800 Newcomer (und zunehmend Newcomerinnen) in den landesweit sechs Bildungszentren in der überbetrieblichen Ausbildung auf den Aufstieg auf der Karriereleiter nach ganz oben vorbereitet werden. Damit hat dieses Gewerk Platz 7 unter den stärksten Ausbildungsberufen des Handwerks Hessens erklettert. Kein Grund, sich auf Lorbeeren auszuruhen. Für Norbert Hain geht weiterhin Qualität vor Quantität: „Wir sind zwar stolz auf eine relativ niedrige Quote von Nicht-Bestehern bei den Gesellenprüfungen, aber wir wollen noch besser werden.“ Respekt für diesen hohen Anspruch, denn schon jetzt bestehen mehr als 4 von 5 die Gesellenprüfung.
Meisterbrief wird weiter angestrebt
Ebenso ist die Verlängerung der Karriereleiter nach ganz oben im Land des Ebbelwoi (für alle Nichthessen: das ist der Apfelwein) ein ehrgeiziger, aber in Hessen durchaus beliebter Weg. Jedes Jahr halten insgesamt 50 bis 60 engagierte Dach- und Wand-Fachleute frisch den Meisterbrief in den Händen.
Grundstein wurde 1948 gelegt
Der Grundstein für den Erfolg wurde 1948 mit Gründung des Landesverbands gelegt. Heute ist am Verbandssitz in Weilburg an der Lahn das Dachdeckerzentrum mit dem Landesinnungsverband des Dachdeckerhandwerks Hessen, dem Berufsbildungswerk des Hessischen Dachdeckerhandwerks e. V., dem Berufsförderungswerk des Hessischen Dachdeckerhandwerks e. V. und der Hessendach®- GmbH als Servicegesellschaft angesiedelt.
Neue Ausbildungshalle in Planung
Kernstück ist das architektonisch eigenwillige, aber durchaus eindeutig auf das Thema Dach hinweisende Hauptgebäude. Ergänzt wird das Ensemble bis jetzt durch zwei Ausbildungshallen und ein Nebengebäude. Denn schon ist eine weitere Ausbildungshalle in der Planung. „Da wir den ersten Bauabschnitt aus eigenen Kräften und ohne Fördermittel gestemmt haben, konnten wir planen und bauen, wie wir es wollten und es die regionalen Baugenehmigungen erlaubten“, freut sich Geschäftsführer Hain.
Landesgeschäftsführer statt Betriebsgründer
Eigentlich wollte der Dachdeckermeister Norbert Hain, Sohn und Enkel von Meistern dieses Faches, sich gerade selbstständig machen, als er im Fachmagazin DDH die Personalanzeige las, dass der hessische Landesverband einen Geschäftsführer sucht. Das war 1998, als die hessischen Dachdecker als Verband gerade ihren 50. Geburtstag feierten. Der damals 30-jährige Hain war damals als neuer Landesgeschäftsführer mit einem respektablen Abstand von zehn Jahren jüngster Teilnehmer an der Hauptvorstandssitzung des Zentralverbands des Deutschen Dachdeckerhandwerks. Heute, 26 Jahre später, ist Norbert Hain der Kopf von insgesamt acht MitarbeiterInnen im Weilburger Hessendach-Team.
Dachmobil von Hessendach
Das Auf-das-Dach-gehen-Gen ist eindeutig in der Familie Hain verbreitet. Jüngster Ausbilder im Team und zugleich mobiler Jugendbotschafter ist sein Sohn Leon, der seit 2023 mit dem Dachmobil von Hessendach und dem Versprechen „Beruf mit den besten Aussichten“ landesweit unterwegs ist zu Innungsveranstaltungen, Berufsinfotagen und Schulen. Besonders erfreulich: Die Anfragen von Schulen nehmen deutlich zu. Auf Augenhöhe sucht und findet er den Kontakt zum potenziellen Dachdeckernachwuchs von morgen. Mit seinen 22 Jahren hat Leon Hain bereits die Dachdeckerausbildung und den Meistertitel erarbeitet. Er war darüber hinaus Landessieger in Hessen, zweiter Bundessieger unter den Jungdachdeckern und erfolgreicher Teilnehmer an den Weltmeisterschaften 2022 in St. Gallen.
„Gute Tipps und Erfahrungswerte zum Dachmobil kamen vom Landesverband Baden-Württemberg“, bedankt sich Leon Hain – auch wenn die hessische Ausgabe der „fahrenden Nachwuchswerbung“ mit einem Anhänger, gezogen von einem Ford PickUp, eine Nummer kleiner ausfällt als der baden-württembergische Dodge-Truck mit Sattelauflieger und der dortigen Kampagne Oben ist das neue Vorn.
Bereich Solartechnik für Dachdecker besetzen
Und wohin geht die Zukunft des hessischen Dachdeckerhandwerks? „Auch wenn wir in Hessen – noch – keine Solarpflicht bei Neubauten und umfangreichen Sanierungen haben: unser Ziel ist es, den Bereich Solartechnik für unser Gewerk zu besetzen“, ist die deutliche Ansage von Norbert Hain. So sind Hessens Dachdecker gemeinsam mit dem Landesinnungsverband Rheinland-Pfalz aktuell engagiert, die Kooperationsvereinbarung mit dem Fachverband Elektro Hessen/Rheinland-Pfalz (FEHR) mit Leben zu füllen. „Unser Engagement im Bereich Photovoltaik gilt sowohl für die Ausbildung als auch für die Weiterqualifikation unserer Mitgliedsbetriebe.“
Auf die Zukunft bereitet sich Norbert Hain mit seinem Team also rechtzeitig vor. Hessen vorn? Der alte Wahlslogan aus den 1970er Jahren bekommt eine ganz neue Bedeutung.
Sie interessieren sich für Themen aus den Verbänden? Dann lesen Sie unseren Bericht über drei Dachdeckermeister aus Nordrhein, die für einen guten Zweck 770 Kilometer radelten.