Dachdecker sind Partner bei „Handwerk macht Schule“
Bild von Schülern in Werkstatt

Dachdecker sind Partner bei „Handwerk macht Schule“

29. Oktober 2024

 · Knut Köstergarten

Es gibt inzwischen einige Dachdecker, die erfolgreich Schulpartnerschaften etabliert haben oder anderweitig Kontakt zu den Kollegien oder einzelnen LehrerInnen aufbauen konnten. Doch öfter, vor allem an Gymnasien, stehen Betriebe vor verschlossenen Türen. Es sei schwierig, einen Fuß in die Schulen zu bekommen, weil in den Köpfen vieler Lehrkräfte die akademische Karriere im Fokus stünde, so Rolf Fuhrmann, stellvertretender ZVDH-Hauptgeschäftsführer, im Podcast ZVDH aktuell. Deshalb beteiligt sich jetzt sein Verband am Projekt „Handwerk macht Schule“ des Deutschen Handwerkskammertages.

Die LehrerInnen über die Hintertür passgenauer Unterrichtsmaterialien gewinnen. (Grafik: ZDH)

Lehrkräfte als Botschafter gewinnen 

Die Idee ist es, nicht offensiv mit Werbung an die Lehrenden heranzutreten, die angesichts bestehender Vorurteile und fehlenden Wissens um das Dachdeckerhandwerk leicht verpufft, sondern eher subtil durch die Hintertür über passgenaue Lehrmaterialien, die methodisch und didaktisch auf der Höhe der Zeit sind. Es könnte ein kluger Weg sein, Lehrkräfte als Botschafter für das Handwerk zu gewinnen. „Die Lage in Sachen Fachkräfte ist schwierig angesichts des demografischen Wandels. Da ist alles gut, was hilft. Gerade die Ansprache der LehrerInnen über vorbereitete Unterrichtsmaterialien mit Praxisbezug ist ein wichtiger Schritt in Richtung Nachwuchsgewinnung“, erklärt der ZVDH-Vizepräsident Jan Voges.

Bild von Jan Voges
ZVDH-Vizepräsident Jan Voges spricht von einem wichtigen Schritt in Richtung Nachwuchsgewinnung. (Foto: ZVDH)

SchülerInnen sollen nicht mehr am Handwerk vorbeikommen

Projektleiterin Sophie Ciciliani vom Fachverlag Eduversum, der für Konzeption und Umsetzung der Inhalte von „Handwerk macht Schule“ verantwortlich ist, beschreibt es im Podcast ZVDH aktuell so: „Keine SchülerInnen sollen mehr am Handwerk vorbeikommen, gerade auch am Gymnasium.“ Es gehe einmal darum zu sensibilisieren, wo überall Handwerk drinsteckt, und zum anderen Lehrkräften zu zeigen, dass sich handwerkliche Themen super mit Fachinhalten des Unterrichts verbinden lassen. „Im besten Fall gibt es nicht nur Berufsorientierungstage, sondern regelmäßigen Kontakt mit dem Handwerk über den Unterricht“, so Ciciliani.

Winkel anhand von Dächern berechnen

Ein Unterrichtsbeispiel aus „Handwerk macht Schule“ benennt Rolf Fuhrmann: „Um die Bedeutung der doch recht trockenen Materie der Trigonometrie in der praktischen Anwendung zu verdeutlichen, haben wir einen anschaulichen Bezug zum Dachdeckerhandwerk hergestellt, denn die Winkel werden anhand von Dächern berechnet. In diesem Kontext lernen SchülerInnen verschiedene Dachformen und deren Bezeichnungen kennen. Sie erfahren zudem einiges über verschiedene Deckungsmaterialien.“

Winkelberechnung mit Praxisbezug zum Dachdeckerhandwerk: Ein Beispiel für den Unterricht.

Wissen in der Dach-Praxis anwenden

SchülerInnen werden so angeregt, das Wissen in der Praxis anzuwenden, indem sie in ihrer Umgebung nach unterschiedlichen Dachformen suchen und diese fotografisch dokumentieren. „So wird aus einer theoretischen Übung eine Aufgabe mit Praxisbezug. Das erleichtert das Verständnis und macht mehr Spaß. Gerade beim Fach Mathematik wird oft über Defizite berichtet. So können wir dazu beitragen, diese zu beseitigen“, führt Fuhrmann aus. Diese erste Unterrichtseinheit mit Bezug zum Dachdeckerhandwerk wurde in den ersten Wochen bereits rund 300-mal von Lehrkräften heruntergeladen. Die Nachfrage ist also vorhanden.

Bild von Arbeitsmaterial Handwerk macht Schule
Hier ein Aufgabenbeispiel aus dem Bereich Gerüstbau. (Foto: www.handwerk-macht-schule.de)

Dachdecker und Klimaschutz

Aber nicht nur mit Dreiecksberechnungen wollen sich die Dachdecker in Schulen einen Namen machen. Viele weitere Themen stehen noch an. „Klimaschutz ist ein ganz besonders wichtiges Thema im Dachdeckerhandwerk, das ist vielen SchülerInnen, aber auch Lehrenden nicht bewusst“, weiß Fuhrmann. Geplant sei, weitere Unterrichtseinheiten zum Rohstoff Holz, zu verschiedenen Kunststoffarten zur Abdichtung oder zu Klimazonen und Niederschlagsmengen zu gestalten.

Bild von Rolf Fuhrmann
Rolf Fuhrmann vom ZVDH sieht auch im Bereich Klimaschutz weitere Unterrichtsthemen mit Dachdeckerbezug.

Besuche von Betrieben als Aha-Erlebnis

Auch Besuche von Dachdeckerbetrieben werden angeregt. Fuhrmann berichtet: „Oft erleben wir ein großes Aha-Erlebnis bei Lehrkräften, wenn sie näheren Kontakt zum Handwerk hatten und feststellen, wie vielfältig die einzelnen Gewerke sind, und wie modern zum Beispiel das Dachdeckerhandwerk sein kann.“ Dieser Praxisbezug ist auch für die Berufsorientierung an den allgemeinbildenden Schulen wichtig. „Denn längst ist bekannt“, so Fuhrmann, „dass Abitur oder Fachhochschulreife nicht automatisch Studium bedeutet.“

Projekt „Handwerk macht Schule“

Unter dem Dach des Handwerkskammertages wird das Angebot an Unterrichtsmaterialien von aktuell neun Fachverbänden des Handwerks gebündelt. Die Themen sind mit den Inhalten der Lehr- und Bildungspläne über alle Schulstufen hinweg abgestimmt und decken nahezu alle Fächer ab. So können Lehrkräfte von der Grundschule bis zur Sekundarstufe II die Arbeitsmaterialien direkt in ihrem Fachunterricht einsetzen. 2023 wurde das Portal „Handwerk macht Schule“ mit der Comenius-EduMedia-Medaille ausgezeichnet. Eine Auszeichnung, die sicher helfen wird, weiter Vertrauen bei den schulischen Lehrkräften zu gewinnen.

Sie interessieren sich für das Thema Nachwuchsgewinnung? Dann lesen Sie unsere Story über Patrick Gottlieb, der Fußballer zu Dachdeckern macht.

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