Lehrbaustelle: Azubis übernehmen Kundenauftrag in Eigenregie
3. Februar 2022
Wer möchte während seiner handwerklichen Ausbildung nicht einmal sein eigener Chef oder Chefin sein? Im Dachdeckerhandwerk machen das erste Betriebe möglich. Auf einer Lehrbaustelle bekommen die Auszubildenden die Chance, alle erforderlichen Schritte zum Gelingen des Bauvorhabens in Eigenregie umzusetzen. Der Betrieb Dachdeckermeister Andreas Fox GmbH in Langenhagen bei Hannover, dessen Arbeit wir bereits in einem Artikel auf DACH\LIVE vorgestellt hatten, ermöglichte dieses eigenverantwortliche Lernen und Arbeiten jetzt seinen Lehrlingen.
Lehrbaustelle: Deckung Doppelgarage
„Wir hatten so eine Aktion schon immer auf dem Plan“, sagt Daniel Schubert, angestellter Dachdeckermeister bei Fox. „Dann kam unsere Mitarbeiterin Stefanie von Ohlen auf die Idee, die Deckung einer Doppelgarage, an der sie jeden Morgen vorbei fuhr, zur Lehrbaustelle zu machen.“ Die Garage gehört zu einem Haupthaus, das von der Dachdeckermeister Andreas Fox GmbH vor ein paar Jahren neu eingedeckt worden war. Der Hausbesitzer, ein Stammkunde, war einverstanden, und dann konnte es losgehen.
Baustelle gecheckt und Planung gemacht
Begeistert von der Idee machten sich die fünf Auszubildenden aus allen drei Lehrjahren an die Arbeit, bei der ihnen Fox-Dachdeckermeister Michael Bödecker bei Bedarf mit Rat und Tat zur Seite stand.
Für die Lehrlinge galt es zunächst, sich ein Bild von der Baustelle zu machen. „Wir Fünf haben erstmal eine WhatsApp-Gruppe gebildet und dann hat jeder sich zuhause seine Gedanken über Arbeitsabläufe, Gerüst- und Materialbedarf, Sicherheitsbestimmungen, Zeitaufwand, Bauzeichnung und Kalkulation gemacht“, sagt Azubi Sascha Quade. Der 23-Jährige arbeitet bei Fox im dritten Lehrjahr, agiert sehr selbstbewusst und wurde von seinen Kollegen als „Vormann“ auf der Lehrlingsbaustelle angesehen. Allgemein gab dort das dritte Lehrjahr den Ton an, wenn es um die Einteilung ging, wer welche Aufgaben übernehmen sollte.
Spaß an der Arbeit als Dachdecker
„Wir sind ein gutes Team und nachdem wir unsere Ergebnisse dann im Betrieb verglichen, besprochen und mit dem Meister abgestimmt hatten, konnte es mit dem Gerüstbau weitergehen“, erzählt Sascha Quade. Er hat diesen Beruf ergriffen, „weil es Spaß macht, wenn ich anderen ein Dach über dem Kopf geben kann, dabei sehr abwechslungsreich arbeite, draußen bin und nicht den ganzen Tag im Büro sitzen will. Und nach der Gesellenprüfung stehen mir viele Wege offen, mich weiter zu qualifizieren und voranzukommen.“
Tonziegel für 70 Quadratmeter Dachfläche
Auf der Lehrbaustelle Garagendach musste zunächst die alte Deckung runter und das Holz mit Insektenschutz und „Wurmtod“ behandelt werden, bevor die Auszubildenden Unterspannbahn und Konterlattung auf rund 70 Quadratmeter Dachfläche anbringen konnten. Dachdeckermeister Schubert erklärt: „Gedeckt wurde danach mit Braas Achat 12 V, demselben Tonziegel wie auf dem Haupthaus. Der Buchstabe V steht für Verschiebeziegel, der gerade auf kleinen Dächern Spielraum bei der Eindeckung bietet, was den jungen Dachdeckern bei der Arbeit entgegenkam.“
Herausforderungen: Ortgang und Gaube mit Schiefer
Ganz so einfach, wie es zunächst aussah, war die Arbeit dann aber auch nicht. Die Fertigstellung des Ortgangs stellte sich als komplizierte Aufgabe heraus und auch ein Übergang vom Steildach zum angrenzenden Flachdach war zu bewältigen. Hinzu kam die Gestaltung einer Gaube, die mit Schiefer eingedeckt werden musste. „Schiefern ist für uns kein Problem, das kriegen wir hin. Wir müssen auf der Lehrbaustelle Verantwortung tragen und darauf achten, Fehler schon im Vorfeld auszuschließen“, lautete dazu die klare Ansage von Azubi Quade. Er sollte Recht behalten. Das Ergebnis kann sich sehen lassen.
Sehr gute Kooperation der fünf Lehrlinge
Insgesamt 14 Tage lang und täglich bis zu acht Stunden konnte jeder in der Gruppe sich schon einmal als kleiner Meister fühlen. Dann blickten sie mit Stolz auf das, was sie hier in nahezu vollkommener Eigenregie geschafft hatten. „Das wird jahrelang bestehen bleiben. Damit es lange wartungsfrei bleibt, wurden die seitlichen Dachüberstände noch zusätzlich mit Blechen verkleidet. Wir haben sehr gut zusammen gearbeitet und waren uns von vornherein klar darüber, dass wir die Aufgabe für alle zufriedenstellend lösen wollten“, sagt Sascha Quade stellvertretend für seine jungen Kollegen.
Der Bauherr ist vom Ergebnis beeindruckt
Dachdeckermeister Michael Bödecker ergänzt: „Diese zwar kleine Lehrbaustelle erforderte dennoch zahlreiche verschiedene Arbeitsabläufe. Die Jungs konnten hier eine Menge Erfahrung sammeln, die sie später bei größeren Baustellen immer wieder abrufen können.“ Auch für den Betrieb bietet solch ein Projekt wichtige Erkenntnisse, wie weit die einzelnen Lehrlinge schon sind und wo angesetzt werden muss, um sie auf ihren weiteren Berufsweg optimal vorzubereiten. „Schließlich sind wir alle daran interessiert, später fachlich erstklassige Dachdecker in unseren Reihen zu haben, die unsere Aufträge mit qualitativ hochwertiger Handwerksleistung ausführen.“ Das gelang mit diesem Projekt schon einmal bestens. Denn der Bauherr zeigte sich vom Ergebnis sehr beeindruckt.
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