Zimmerer-EM 2022: Deutsche gewinnen Teamwertung
19. Juli 2022
Es war das Event auf der Dach+Holz mit zahlreichen interessierten Zuschauern an allen drei Tagen des Wettbewerbs: die Zimmerer-EM. In der Einzelwertung siegte Marcel Bolego aus Südtirol/Italien, Silber und Bronze gingen an die beiden Deutschen Philipp Kaiser (22) und Benedikt Pfister (21). Das deutsche Team mit dem dritten Teilnehmer Marco Schmidt (22) konnte zudem in der Teamwertung der Zimmerer-EM ihren 2018 in Luxemburg gewonnenen Titel verteidigen. DACH\LIVE wollte dabei hinter die Kulissen schauen und wissen, wie sich die noch jungen Teilnehmenden vorbereiten und mit Aufregung und Druck im Wettkampf umgehen lernen.
Teamleiter im Ehrenamt: Roland Bernardi
Einer, der sich auskennt, ist der Teamleiter der deutschen Zimmerer-Nationalmannschaft, Roland Bernardi. Er ist seit der Gründung dabei und hat auch den Förderverein mitgegründet. Der Zimmerermeister führt mit seinem Bruder einen Betrieb im saarländischen Völklingen – seine Arbeit als Teamleiter macht er als Ehrenamt. Bernardi hält die mentale Vorbereitung für genauso wichtig wie die fachlichen Trainings zur Verbesserung der Skills. „Es geht darum, in einen Tunnel hineinzukommen, voll konzentriert zu sein auf die Aufgabe.“
Nervosität und Druck vor der Wettkampfstart
Alle Teilnehmenden der Zimmerer-EM seien vorher nervös und spürten Druck. Klar, denn es ist ja kein Training mehr, sondern Wettbewerb vor den Augen von Zuschauern. Eine neue Erfahrung für die jungen Zimmerer, an der sie wachsen können, gerade dann, wenn einmal etwas schief geht. „Ich erinnere mich an einen Wettkampf, wo einer unserer Teilnehmer gleich beim ersten Schnitt einen Fehler gemacht hat. Er war so ambitioniert und erst einmal völlig fertig.“ Dann gehe es darum, weiterzumachen bis zum Schluss, Kampfgeist zu zeigen. „Der junge Mann wurde am Ende noch mit Bronze belohnt“, berichtet Bernardi. Denn Fehler passieren allen. Die Frage ist, wie geht jeder Einzelne mit Rückschlägen um.
Zimmerer-EM: Sich nicht von der Aufgabe ablenken lassen
Beim deutschen Teilnehmer und Silbermedaillengewinner Philipp Kaiser hat Bernardi schnell sehen können, wie sich die Anspannung gelöst hat und er sich auf den Wettkampf fokussieren konnte. Bei der niederländischen Teilnehmerin war hingegen der Druck womöglich zu groß. Die junge Frau wurde am ersten Wettkampftag der Zimmerer-EM krank und musste leider abbrechen. „Es geht darum, sich nicht ablenken zu lassen. Das gilt gerade auch für die Pausen, wo wir als Betreuer und Trainer dafür sorgen, dass unsere Zimmerer wirklich Ruhe haben und entspannen können.“
Bei der Zimmerer-WM, die für Schanghai geplant war und jetzt für die Zimmerer und Schreiner während der Holzmesse im Herbst in Basel stattfindet, hat das Team in der Vorbereitung sogar einen Mentaltrainer dabei. „Denn bei einer Weltmeisterschaft sind richtig viele Zuschauer“, weiß Experte Bernardi.
Komplettes Team der Zimmerer-Nationalmannschaft vor Ort
In Köln bei der Zimmerer-EM war das gesamte Team der Zimmerer-Nationalmannschaft vor Ort, zu dem auch Isabel Peters (19), Julius Bruder (21), Lukas Baumann (20) und Jonas Lauhoff (21) gehören. „Die sind noch jünger und können hier schon mal die Atmosphäre eines Wettkampfs vor Publikum kennenlernen, beim Aufbau helfen und die Leistungspartner besuchen“, sagt Bernardi. Auch eine Art von Vorbereitung, falls man in den Folgejahren selbst an der Reihe ist. Die Altersgrenze für die WM liegt bei 22 Jahren, für die EM bei 23 Jahren. Danach ist Schluss. So auch für Philipp Kaiser, der im Herbst bei der Zimmerer-WM in Basel seinen letzten Wettkampf führen wird im Team der Zimmerer-Nationalmannschaft.
Suche nach talentiertem Team-Nachwuchs
Wegen der Altersgrenze suchen Teamleiter Bernardi und die Trainer sehr junge Zimmerer, wie etwa die 19-Jährige Isabel Peters, die jetzt in Kassel ihren Meister macht. Dafür haben sie neben den Leistungswettbewerben von der Innung bis zur deutschen Meisterschaft noch den Zimmerer-Contest ins Leben gerufen. „Bei den offiziellen Wettbewerben sind immer öfter die Topleute schon etwas älter und kommen nicht mehr für das Team infrage. Beim Zimmerer-Contest laden wir gezielt die jungen Jahrgänge ein“, erläutert Bernardi. So ist auch Isabel Peters ins Team gekommen.
Dabei ist es schon ein großer Anreiz, in die Zimmerer-Nationalmannschaft zu kommen. „Du bist Teil einer Gemeinschaft. Du kannst dich im Team messen und dort viel lernen“, so Bernardi. Gerade auch durch den Kontakt mit den Teilnehmern aus anderen Ländern. Es gibt gemeinsame Trainings, „wir haben da nichts zu verstecken“, sagt Bernardi.
Fairness im Wettkampf bemerkenswert
Während der vier Messetage stellten die jungen ZimmerInnen ihren fachgerechten Umgang mit dem Baustoff Holz unter Beweis. In einem klar definierten Zeitrahmen mussten sie anspruchsvolle Holzkonstruktionen zimmern, die anschließend von einer europäischen Expertenjury bewertet wurden. Dabei ging es um Präzision und Genauigkeit beim Messen, Sägen und Zusammenbauen.
Peter Aicher, Präsident von Timber Construction Europe und Holzbau Deutschland, lobte die Teilnehmenden für ihr Engagement, ihren Teamgeist, ihre Fairness und ihr Durchhaltevermögen. „Wir sind stolz auf das, was ihr in den vergangenen Tagen geleistet habt. Ihr habt eindrucksvoll gezeigt, welch hohes Niveau das Zimmererhandwerk in Europa erreicht hat.“
Sie interessieren sich für das Thema Dachdecker oder Zimmerer werden? Dann lesen Sie unsere Story über den Durchstarter Aaron Wilhelmi, der auch im Team der Zimmerer-Nationalmannschaft war.
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