Für einen gesunden Betrieb findet sich eine Nachfolge
Nachfolge

Für einen gesunden Betrieb findet sich eine Nachfolge

27. Februar 2020

 · Michael Podschadel

DACH\LIVE: Herr Lippe, seit wann beraten Sie Betriebe bei der Handwerkskammer?

Ulrich Lippe: Ich bin seit 2004 als Unternehmensberater für die Handwerkskammer tätig. Damals war das Thema Nachfolge ein Teilbereich unter vielen. Besonders in den letzten drei Jahren haben sich die Schwerpunkte aber deutlich verlagert. Heute beherrscht das Thema meine Arbeit fast gänzlich. Von den rund 250 Terminen, die ich im Jahr mache, betreffen 220 Unternehmensnachfolgen.

Nachfolge
Ulrich Lippe berät seit 2004 Betriebe für die Handwerkskammer Düsseldorf.

DACH\LIVE: Woran liegt das, ist die Nachfolge heute komplizierter?

Ulrich Lippe: Vor allem ist es schwieriger geworden, überhaupt einen Nachfolger zu finden. Das liegt nicht nur daran, dass es für die Kinder von Unternehmern heute nicht mehr selbstverständlich ist, einmal den elterlichen Betrieb zu übernehmen, sondern ebenso am allgemeinen Fachkräftemangel. Oft ist einfach kein qualifizierter Nachfolger zu finden. Weder unter den Kindern noch unter den eigenen Mitarbeitern. Oder der Inhaber traut seinen Mitarbeitern oder Kindern die Unternehmensführung einfach nicht zu. Das kann auch der Fall sein.

DACH\LIVE: Was ist der Grund für diese Bedenken?

Ulrich Lippe: Das ist nicht selten ein Generationenkonflikt. Der scheidende Geschäftsführer traut der jüngeren Generation nicht zu, jede Woche 80 Stunden in den Betrieb zu stecken. Dabei ist das auch gar nicht das Interesse junger Handwerker. Heute wird einfach mehr Wert auf die Work-Life-Balance gelegt und darauf, eine Familie aufzubauen, die auch gut funktioniert. Das halte ich auch für den richtigen Ansatz. Zudem sind jüngere Handwerker deutlich weiter vorn beim Thema Digitalisierung und gestalten so manche betrieblichen Abläufe womöglich effizienter. Für diese Entwicklungen muss man einfach offen sein, wenn man seinen Betrieb in jüngere Hände geben will.

 

Hier hat die Nachfolge gut geklappt: Martin Schaaf mit Tochter Hanna und Sohn David (v.l.n.r.)
Hier hat die Nachfolge gut geklappt: Martin Schaaf mit Tochter Hanna und Sohn David (v.l.n.r.)

DACH\LIVE: Was ist, wenn sich kein Nachfolger findet?

Ulrich Lippe: Das ist tatsächlich ein Problem. Die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie betriebene Internetplattform nexxt-change ist eine Möglichkeit, mit Handwerkern aus ganz Deutschland in Kontakt zu treten, die planen, einen Betrieb zu übernehmen. Im Einzelfall funktioniert das ganz gut. Ich kenne einen alteingesessenen Dachbaubetrieb hier am Niederrhein, der von einem jungen Handwerker aus dem Ruhrgebiet übernommen wird. Der ist hierhin gezogen, um im Betrieb arbeiten zu können und alles auch von innen kennenzulernen. Das verläuft bisher recht erfolgsversprechend. Die große Herausforderung ist dann natürlich, den Betrieb erfolgreich weiterzuführen. Das Image ist im Handwerk ja ganz eng mit dem Namen des Inhabers verwachsen. Aber für einen gesunden Betrieb findet sich zumeist jemand.

DACH\LIVE: Aber nicht alle Betriebe sind gesund genug für eine Nachfolge?

Ulrich Lippe: Das kann im Einzelfall so sein. Oft stehen Betriebe aber auch einfach nach außen hin nicht gesund da, obwohl die Einnahmen stimmen. Das kann zum Beispiel daran liegen, dass der Inhaber möglichst viel Kapital für sich aus dem Unternehmen zieht, auch um weniger Steuern zu zahlen. Wenn dann Bilanz gezogen wird, verlieren etwaige Nachfolger schnell das Interesse, weil überhaupt kein Eigenkapital im Unternehmen steckt. Wer seinen Betrieb erfolgreich weitergeben möchte, der muss auch mal ein paar Steuern zahlen und Kapital in der Firma belassen.

Nachfolge
Aktuelles Führungsteam bei Schaaf: David Schaaf, Katja Rabel, Mark Holzwarth, Hanna Schaaf, Martin Schaaf (v.l.n.r.).

DACH\LIVE: Was bewegt Interessenten zur Übernahme eines Betriebs?

Ulrich Lippe: Letztlich sind es fast immer die Zahlen, die über den Antritt einer Nachfolge entscheiden. Der Betrieb muss Gewinne vorweisen. Die Zahlen sind aber nicht immer so positiv, wie manch ein Inhaber sich vormacht. Der verantwortliche Steuerberater findet da leider oft keine offenen Worte für den Firmenchef, der ja sein Kunde ist. Oft sind die Berater der Handwerkskammern dann die ersten, die dem Betriebsinhaber gnadenlos die Wahrheit über den finanziellen Wert seiner Firma mitteilen. Manche Betriebe sind schlichtweg nicht übergabefähig.

DACH\LIVE: Wie beraten Sie Unternehmen und deren Nachfolger?

Ulrich Lippe: Für die Nachfolge und Betriebsübername gibt es keine Blaupause, da ist wirklich jeder Fall anders und muss individuell betrachtet werden. Ich spreche zunächst immer mit dem Inhaber und in einem zweiten Termin mit dem potenziellen Nachfolger. Der Knackpunkt ist die diffizile Frage, was der Betrieb eigentlich wert ist. Sobald ich das einschätzen kann, wird mit dem Nachfolger gerechnet und über Finanzierungsmöglichkeiten gesprochen. Die Banken sind dabei übrigens viel entgegenkommender als behauptet wird. Für einen gesungen Betrieb bieten Banken meiner Erfahrung nach derzeit eine solide Finanzierung mit recht niedrigen Zinsen an.

DACH\LIVE: Was empfehlen Sie Unternehmern ganz grundsätzlich?

Ulrich Lippe: Sich früh vorzubereiten und wirklich auch schon in den 50ern erste Informationen einzuholen, sodass man sich gedanklich mit dem Thema Nachfolge schon einmal beschäftigt. Dann sollte der Betrieb auf gesunde Beine gestellt werden. Und wer keinen Nachfolger in Aussicht hat, der kann sich auch einen heranbilden. Vielleicht findet man unter seinen Lehrlingen ja einen vielversprechenden Kandidaten, den man entsprechend fördert und bindet. Wer der nachfolgenden Generation und deren Kenntnissen und Fertigkeiten Vertrauen schenkt, wird davon meiner Meinung nach profitieren.

Sie interessieren sich für das Thema Nachfolge? Dann lesen Sie unseren Artikel den Nachfolgeprozess im Familienunternehmen Schaaf.

Artikel jetzt teilen!

Weitere Artikel

Marketing

FLEXBOX: Mit wenigen Klicks zur Profi-Website für Dachhandwerker

Newsletter-Anmeldung

DACH-Ticker

Neues Führungs-Duo bei Velux Deutschland

Mit sofortiger Wirkung übernehmen Silke Stehr als Sprecherin der Geschäftsführung und Matthias Mager als Geschäftsführer Vertrieb die Leitung von Velux Deutschland. Jacob Madsen, bisheriger Geschäftsführer, wechselt als Executive Vice President Region North Europe in das Top-Management der Velux Gruppe. „Silke und Matthias haben viel Markt- und Branchen-Erfahrung und gestalten Velux schon lange erfolgreich mit,“ erklärt Madsen. „Gemeinsam werden wir unser Qualitätsversprechen, die enge Zusammenarbeit mit den Partnerbetrieben im Fachhandel und Handwerk und die starke Position des Unternehmens weiter ausbauen.“

4. Dezember 2023

Auftragszahlen im Wohnungsbau gehen weiter abwärts

„Seit mehr als einem Jahr verzeichnen wir nun schon negative Zahlen bei Baugenehmigungen und Auftragseingängen im Wohnungsbau. Von Januar bis September wurden fast 77.000 Wohneinheiten weniger genehmigt als im Vorjahreszeitraum. Die Order sind im September um real 15 Prozent zurückgegangen“, so Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe. Der Der Wohnungsbau brauche neben dem beim Kanzlergipfel verabschiedeten 14-Punkte-Plan kurzfristige Hilfe, sonst werde der Einbruch noch dramatischer.

24. November 2023

ifo Institut: Auftragsstornierungen im Wohnungsbau erreichen neuen Höchststand  

Die Stornierungswelle im Wohnungsbau reißt nicht ab. Im Oktober meldeten 22,2 Prozent der Unternehmen gestrichene Projekte, im Vormonat waren es 21,4 Prozent. „Es wird immer schlimmer, mehr und mehr Projekte scheitern am gestiegenen Zinsniveau und den teuren Baupreisen“, sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der ifo Umfragen. „Das Neugeschäft im Wohnungsbau ist weiterhin sehr schwach, die Auftragsbestände der Firmen schmelzen ab.“ 

15. November 2023

ifo Institut: Wirtschaftsleistung 2023 schrumpft um 0,4 Prozent

Das ifo Institut hat seine Konjunkturprognose bestätigt. Demnach wird die deutsche Wirtschaftsleistung 2023 um 0,4 Prozent schrumpfen. Im kommenden Jahr wird sie dann um 1,4 Prozent steigen, aber 0,1 Prozentpunkte weniger als bislang gedacht. Im Jahre 2025 wird das Wachstum 1,2 Prozent betragen. „Anders als bislang erwartet dürfte die Erholung in der zweiten Jahreshälfte 2023 ausbleiben. Die Abkühlung setzt sich fort, in nahezu allen Branchen steht die Tendenz auf Flaute“, sagt ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. 

8. September 2023

Neue Steueranreize für Mietwohnungsbau beschlossen

Heute hat die Bundesregierung das Wachstumschancengesetz beschlossen. Das überarbeitete Steuerpaket kommentiert Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB): „Die heute vom Bundeskabinett beschlossene degressive Afa von 6 Prozent für den Mietwohnungsbau ist ein erster guter Schritt. Positiv ist, dass sie bereits ab dem EH-55-Standard gilt und für genehmigte Projekte bereits ab dem 1. Oktober 2023 greift.“

30. August 2023

Zahl der Baugenehmigungen im ersten Halbjahr 2023 stark gesunken

Im ersten Halbjahr 2023 wurde in Deutschland der Bau von 135 200 Wohnungen genehmigt. Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, waren das 27,2 Prozent oder 50 600 Baugenehmigungen weniger als im ersten Halbjahr 2022. Im Juni 2023 ist die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen in neuen oder bestehenden Gebäuden gegenüber dem Vorjahresmonat um 28,5 Prozent gesunken. Dies entspricht einem Rückgang um 8 700 Wohnungen auf 21 800 Wohnungen. Zum Rückgang der Bauvorhaben dürften weiterhin vor allem steigende Baukosten und zunehmend schlechtere Finanzierungsbedingungen beigetragen haben.

18. August 2023

Auftragseingänge im Wohnungsbau gehen weiter zurück

Die vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Auftragseingänge im Wohnungsbau für Mai 2023 kommentiert Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe: „Leider ist keine Trendwende bei der Nachfrage im Wohnungsbau erkennbar. Wir haben zum Vorjahr einen Rückgang bei den Baugenehmigungen für Wohngebäude von 41.155 Wohneinheiten zu verzeichnen, das sind mehr als 30 Prozent. Bei den Auftragseingängen im Wohnungsbau beträgt der Rückgang ebenfalls ein Drittel (minus 32 Prozent). Die Rückmeldungen aus den Unternehmen lassen eine Fortsetzung dieses Negativtrends in den kommenden Monaten erwarten.“

7. August 2023

LKW-Maut: Baugewerbe begrüßt Handwerkerausnahme

Das Bundeskabinett hat jüngst die mautrechtlichen Vorschriften geändert. Neu ist, dass Fahrzeuge des gewerblichen Güterkraftverkehrs ab 3,5 Tonnen in die LKW-Maut einbezogen werden. Ausgenommen davon bleiben die Fahrzeuge von Handwerksbetrieben ab 3,5 bis 7,5 Tonnen. „Richtig so!“, kommentiert Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe. „Wir haben immer gefordert, dass die Maut-Ausweitung nicht für Handwerkerfahrzeuge gelten darf, die Material zu Baustellen transportieren, damit es dort verbaut werden kann. So konnte eine Mehrbelastung des Handwerks verhindert werden.

7. Juli 2023

Bauder eröffnet Europas modernste Produktion für Kunststoff-Dachbahnen

Zusammen mit Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer eröffnete Mark Bauder, einer der drei Bauder Geschäftsführer, jüngst Europas modernste Produktionsanlage für hochwertige Kunststoff-Dachbahnen in Schwepnitz. Über 60 Millionen Euro investiert das Stuttgarter Familienunternehmen in das Vorzeigewerk mit neuer PVC- sowie FPO-Anlage. Auf rund zehn Hektar Fläche entstanden über 20.000 Quadratmeter neue Produktionsgebäude, Lagerräume sowie großzügige Sozial- und Schulungsräume.

22. Juni 2023

ifo Institut: Deutlich weniger neue Wohnungen bis 2025

Das ifo Institut erwartet einen drastischen Rückgang beim Wohnungsbau in Deutschland. Berechnungen des Instituts zufolge werden 2023 rund 245.000 und nächstes Jahr 210.000 Wohnungen in neuen Wohngebäuden fertiggestellt, im Jahr 2025 sogar nur noch etwa 200.000 Wohneinheiten entstehen. „Der wichtigste Grund für den Rückgang ist die erhebliche Verteuerung der Finanzierung und der Bauleistungen. Zudem hat der Bund die Neubauförderung drastisch zurückgefahren und die Standards für den Neubau Anfang 2023 abermals verschärft“, sagt ifo-Bauexperte Ludwig Dorffmeister. 

16. Juni 2023