
Konjunktur: Dachdecker trotzen der Krise auch 2025
6. Februar 2025
Die konjunkturellen Rahmendaten werden sich auch dieses Jahr nur wenig verbessern. Aktuell gibt es eine große Unsicherheit und strukturelle Schwächen in der Wirtschaft. Die Zahl der Arbeitslosen und die Kurzarbeit steigen wieder an, das Bruttoinlandsprodukt hingegen, wenn überhaupt, nur minimal. Auch der Wohnungsbau bleibt in der Krise, hat allerdings nach Expertenmeinung die Talsohle erreicht und soll 2026 wieder ins Umsatzplus ziehen. Dennoch lässt sich sagen, dass die Dachdecker weiter ordentlich verdienen und die Auftragsbücher häufig für Monate gefüllt sind. Nicht zuletzt dank staatlicher Fördermittel für Maßnahmen bei der energetischen Gebäudesanierung konnte die Nachfrage nach Dachdeckerleistungen stabil gehalten werden.
„Wir können grundsätzlich optimistisch sein“
Das lässt sich auch am Umsatz der Branche 2024 ablesen. Bislang gibt es nur Prognosen, aber Felix Fink, Bereichsleiter Wirtschaft und Unternehmensführung beim Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH), geht davon aus, dass es preisbereinigt nur ein minimales Minus gegenüber 2023 geben wird, wenn überhaupt. „Wir können grundsätzlich optimistisch sein“, erklärt Fink. Seine Zuversicht für 2025 resultiert insbesondere aus ordentlich hohen Auftragsbeständen. „Zudem ist das Dachdeckerhandwerk mit seiner kleinteiligen und flexiblen Struktur mit im Durchschnitt 5,5 gewerblichen Arbeitnehmern pro Betrieb in der Lage, Aufträge aus anderen Bereichen als dem Wohnungsneubau anzunehmen.“ Letzterer macht ohnehin nur zwölf bis 15 Prozent des Umsatzes der Dachdecker aus.

Erfolgsgeschichten Photovoltaik und Gründach
Der Schwerpunkt der Betriebe liegt neben Reparaturen und Wartung in der energetischen Sanierung von Gebäuden – zuletzt mit stark gestiegenen Anforderungen. „Zudem werden die Dachdecker im Zuge der von der Bundesregierung ausgerufenen Energiewende mittlerweile zu Recht als Klimahandwerk wahrgenommen: Die Erfolgsgeschichten Photovoltaik und Gründach mit weiterem Ausbau in den kommenden Jahren werden auch unter der im Februar neu zu wählenden Regierung weitergehen“, erläutert Fink.
Die Energiewende ist unumkehrbar
Er hält das Projekt Energiewende angesichts des Klimawandels für unumkehrbar. Was sich auch darin zeigt, dass immer mehr Bundesländer eine Solarpflicht bei Neubauten und zum Teil schon bei energetischen Sanierungen einführen. Einen nicht unerheblichen Teil der neu installierten PV-Anlagen montieren die Dachdecker. „Das wird die Konjunktur für unser Gewerk mittelfristig weiter stützen. Auch deshalb, weil es inzwischen gute, funktionierende Kooperationen mit Elektro- und SHK-Betrieben gibt.“ Eine weitere Stütze sieht Fink in der verstärkten Nachfrage im öffentlichen und gewerblichen Bereich nach Dachbegrünungen, auch in Kombination mit einer PV-Anlage.

Inflation und Bauzinsen sinken
Positiv könnte sich in Sachen energetische Dachsanierung auswirken, dass die Inflation wieder gesunken ist, auf 2,2 Prozent in 2024. Für das kommende Jahr prognostizieren Experten einen weiteren leichten Rückgang auf 2,0 Prozent. Auch die Bauzinsen sind zuletzt wieder gesunken und könnten durchaus weiter sinken, wenn die europäische Zentralbank ihren Kurs fortsetzt. Eher negativ wirkt hingegen die unsichere politische Lage vor und kurz nach der Bundestagsneuwahl. So wird wohl noch eine Zeit lang offen bleiben, in welcher Höhe die Fördermittel für energetische Sanierungen weiterfließen.
Steigende Zahl an Soloselbstständigen
Fragt sich nur, wer die ganzen Aufträge übernehmen soll. Denn die Dachdeckerbetriebe haben in den vergangenen drei Jahren im Saldo über 2000 Mitarbeiter verloren. Der demografische Wandel sorgt dafür, dass die zuletzt stabile bis leicht ansteigende Zahl an frisch ausgebildeten Arbeitskräften den Abgang älterer Fachkräfte in die Rente nicht kompensieren kann. Der Markt für Dachdeckergesellen ist leergefegt.

Womöglich ist das ein Grund dafür, dass mehr als jeder vierte Betrieb von Soloselbstständigen geführt wird, also ohne gewerbliche Mitarbeiter. Das waren von Januar bis November 2024 im Schnitt bereits 3883 von 15 183 bei der Soka-Dach gemeldeten Betrieben. „Neben dem abnehmenden Personalbestand lag – ähnlich wie bereits im Vorjahr – die Anzahl von Krankentagen pro Beschäftigen 2024 erneut über dem langjährigen Mittel. Zudem fallen aufgrund des Klimawandels im Sommer im Schnitt weitaus mehr witterungsbedingte Ausfallstunden an als gewöhnlich, was zu einem Rückgang an verkaufbaren Produktivstunden führt“, erklärt Fink.
Weniger produktive Arbeitsstunden – weniger Materialbedarf
Wer noch genug Fachkräfte hat und Auszubildende findet, was in manchen Regionen immer schwieriger wird, der kann seine Leute auch meist voll auslasten. Der Rückgang der gewerblichen Beschäftigten und damit der produktiven Arbeitsstunden macht sich an anderer Stelle stark bemerkbar: bei Industrie und Handel. Denn je weniger produktive Arbeitsstunden, desto weniger Material wird gebraucht. Da hilft auch nicht, dass die Nachfrage nach Dachdeckern aktuell größer ist als das Angebot.

Werbetrommel rühren für das Klimahandwerk
Dass noch mehr junge Menschen als bisher schon eine Ausbildung im Dachdeckerhandwerk starten, sollte also im Sinne von Industrie und Handel sein. Hier gilt es auf allen Ebenen noch aktiver die Werbetrommel zu rühren für dieses Klimahandwerk. Dass es sich lohnt, zeigen die aktuellen Azubi-Zahlen 2024. Gegen den demografischen Trend gab es im ersten Lehrjahr ein Plus von 5,2 Prozent und über alle drei Jahre hinweg noch ein Plus von 1,2 Prozent. Auch die Zahl der Frauen, die Dachdeckerin lernen, ist gegenüber 2023 von 350 auf 390 angestiegen.
Sie interessieren sich für das Thema Fachkräfte? Dann lesen Sie unsere Story über Patrick Gottlieb, der als Trainer im Fußballverein Dachdecker-Azubis rekrutiert.