
Dachdecker Paul Heil bringt als DJ Menschen zum Tanzen
4. Februar 2025
Paul Heil (25) liefert gerne auf höchstem Niveau, beim Dachdecken wie beim Auflegen. Der beste deutsche Dachdecker 2019 und Drittplatzierte bei der Dachdecker-WM 2022 im Bereich Steildach steckt seit Jahren viel Zeit und Energie in seine zweite Leidenschaft: das sogenannte DJing. Genauso wie er seiner Kundschaft ein perfektes auf sie zugeschnittenes Dach liefert, bringt er als „DJ BMP“ sein Publikum mit viel Gespür für Stimmung zum Tanzen. „Auflegen ist Handwerk“, sagt der Hartmannsdorfer und dafür war Paul Heil früh entflammt.
Früh mit dem Dachdecker-Papa aufs Gerüst geklettert
Der Sohn, Enkel, Ur- und Ur-Ur-Enkel eines Dachdeckers, seit 2024 Co-Geschäftsführer der Heil Bedachung und Gerüstbau GbR , konnte sich nie etwas anders vorstellen, als selbst Dachdecker zu werden. Als Kind schon stahl sich Paul Heil bei der Oma fort, um zu seinem Dachdecker-Papa aufs Gerüst zu klettern.

Erstes Musikinstrument ist die Mundharmonika
Doch auch die Musik hat es dem gebürtigen Sachsen von Kindertagen an angetan. Zuerst spielte er Mundharmonika, dann Akkordeon, später Klavier. Die ganze Schulzeit über übte er sich in Harmonien und Rhythmen und noch heute schult er beständig seine Hörfähigkeit. Paul Heil ist offen für alle möglichen Musikstile. Als Grundschüler schon schaute er seinem älteren Cousin, der mit einem Kumpel zusammen als DJ bei Abi-Bällen auflegte und später auch beim „Farbgefühle Festival“, begeistert über die Schulter.
Es beginnt mit einem DJ-Mixer
Von diesem Cousin bekommt der junge Musiker mit zwölf Jahren dann einen gebrauchten DJ-Mixer geschenkt und versuchte sich im Mischen von Musikstücken. Das Mixen der Musik verlangt Sicherheit in den Harmonien und Rhythmen sowie Genauigkeit bei den Übergängen. Auch der Umgang mit der Technik und die Entwicklung eines eigenen Stils braucht viel Praxis. Paul Heil übte neben der Schule fast täglich. Schon mit 17 Jahren, zu Beginn der Lehre im elterlichen Betrieb, trat Paul Heil öffentlich auf.

Start als DJ auf Gartenpartys und Hochzeiten
Das erste größere Publikum sind Freunde und Bekannte, die Anlässe Garten- und Geburtstagspartys. Mit 19 Jahren wurde der Dachdeckerlehrling schon für Hochzeiten und seinen ersten Abiball angefragt. Die Engagements in West- und Mittelsachsen mehrten sich von Jahr zu Jahr. 2021 brachte der 22-Jährige im Rußdorfer Freibad „Sonnenbad“ als einer von fünf DJs beim „Lo-Go“ 2000 junge Leute und die Break-Dance-Szene zum Tanzen. Im Sommer 2023 ist war beim Open-Air Festival „House im Hain“ in Burgstädt dabei und kurz darauf legte er schon regelmäßig im Erlebnisgasthof „Braugut Hartmannsdorf“ auf.
Handwerkszeug: Controller, Timecode-Platten und DJ-Software
Das DJing hat sich seit den Anfängen in den 70er Jahren zu einer eigenen Kunst- und Entertainmentform entwickelt und ist fester Bestandteil der elektronischen Musik. Abgesehen von Hip-Hop DJs, die noch immer mit analogen Vinyl-Platten und Plattenspielern arbeiten und „scratchen“, nutzen DJs heute hochspezialisierte digitale Technik und Software. Für Paul Heil sind Plattenspieler „alte Dinger“. Das Wort selbst muss er geradezu von einem staubigen Dachboden holen, „Turntables“ kommt ihm eher in den Sinn.

DJ-Technik auf dem neuesten Stand
Sein Plattenteller ist ein digitales „Jogwheel“, seine Vinyls sind „Timecode-Platten“. Die Musik wird von Speichermedien in ein Mischpult, den DJ-Controller, gespeist, der alles integriert: Play-Listen, Jogwheels, DJ-Software. Letztere liest die Timecodes der digitalen Vinyls aus, verwaltet die Playlisten, analysiert die Musikdateien. Per Controller wird die Musik gemischt und mit Soundeffekten bearbeitet. Seit 2024 nutzt Paul Heil Equipment und Software des aktuellen Club-Standards. „Ich arbeitete mit dem Controller von Pionier DJ XDJ XZ und der Software „Recordbox“.

Die große Kunst: DJing im Open Format
Bei jedem Technikwechsel sind die Features und das Layout anders, sodass die Organisation und die Handgriffe neu geübt werden müssen. Dazu kommen viele Stunden Musikhören. „DJ BMP“ steht für die anspruchsvollste Form des DJing: das „Open Format“. Paul Heil spielt und hört alles, quer durch die Stile, Genres und Jahrzehnte. „Malle-Musik, Techno, House, auch MDR Sachsen, die 80er, 90er Jahre. Nichts, was ich immer höre, sondern immer einen guten Mix aus allem, mit einer Vorliebe für ‚Electronic Dance Music‘ (EDM) und alte Sachen neu gemixt.“
Natürlich immer Radio hören auf den Baustellen
Beim Dachdecken draußen ist im Team von Paul Heil nahezu immer das Radio an. Gehört wird „Radio Bollerwagen“, Schlagersender wie „Absolut Bella“ oder auch „Radio Energy“. „Um auf dem Laufenden zu bleiben, gucke ich jeden Freitag in die Charts und verfolge die Trends auf Instagram oder TikTok. Vieles geschieht beiläufig, abends mal Videos gucken, sagen: ‚Ey, cool‘. Auf Portalen, wo man Musikrechte kauft, wie ‚SoundCloud‘ oder ‚Beatport‘, bin ich manchmal stundenlang unterwegs. Da kaufe ich zielgerichtet ein.“

Stimmung schaffen mit Rock, Hip-Hop, Techno, House
Nur wenn er neben anderen DJs ein festes Zentfenster bei einem Event übernimmt, kann Paul Heil ein festes Set erstellen mit einem systematisch aufgebauten Programm. „Aber bei ganzen Abenden, einer Party, die um 18 Uhr startet und bis 2 Uhr morgens geht, muss ich flexibler sein. Der Musikgeschmack ändert sich im Verlauf des Abends, ich muss auf alles eingestellt sein, Rock, Hip-Hop, Techno, House.“
Als DJ muss Paul Heil die Tanzfläche lesen, die Stimmung mit leichter Hand lenken und flexibel reagieren können. Er befeuert mit seiner Musik das Feiern. „Das ist der eigentliche Lohn: den Spaß der Leute zu sehen. Als DJ stimme ich mich auf das Publikum ein und bringe es in Bewegung. Ich versuche so viele Leute wie möglich mitzunehmen und das nächste passende Lied vorherzusehen. Die Musik ist das Herzstück solcher Abende.“

Von Avicii zu Plattenpussys
Erstes Vorbild des angehenden DJs war der schwedische EDM-DJ Avicii. „Aktuell mag ich ‚KomaCasper‘ und sein Vokal-Techno. Ich liebe auch ‚Stereo Act‘, das Deep-House Duo aus dem Erzgebirge. Die machen auch Remixe von Schlagern, etwa Roland Kaiser. Auch Electro- House DJ ‚Martin Garrix‘ und das Tech-House DJ-Duo ‚DIA Plattenpussys‘ aus Ostthüringen gefallen mir total.“ Nie nur einen hören, nichts einfach kopieren, aus vielen Einflüssen einen eigenen Stil erschaffen und eine bunte Mischung spielen: das ist Paul Heils Erfolgsrezept.
Hobby und Beruf gehen Hand in Hand
Zurzeit legt Paul Heil fast jede Woche auf. An den Wochenenden manchmal samstags und sonntags. Seit 2024 spielt er auch im „Club Illusion“ in Plauen. Doch viel mehr soll es nicht werden. „Es muss schon alles Hand in Hand gehen. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Dachdeckerei, das Auflegen ist Hobby, das ich meiner Verantwortung als Geschäftsführer und verantwortlicher Dachdeckermeister im Betrieb anpasse.“

Mach dein Ding
Doch ohne Hobby geht es nicht, findet Paul Heil: „Dachdecken ist ein cooler, absolut geiler Beruf. Aber so schön wie es ist mit dem Draußen-Sein, der Abwechslung, dem tollen Material. Man darf nicht vergessen, dass man einen Ausgleich braucht, um diesen Beruf lange ausüben zu können.“ Bei der Heil Bedachung und Gerüstbau GbR wird den Lehrlingen daher sehr nahegelegt, sich ein Hobby zu suchen. „Sie sollen was anderes sehen, hören, sich noch anders beschäftigen“, sagt der junge Dachdeckermeister Paul Heil. „Für mich ist das DJing der Ausgleich. Zudem gehe ich Angeln. Das ist noch mal was ganz anderes.“

So wie er selbst sein Ding macht, als Dachdecker und als DJ, empfiehlt Paul Heil allen jungen Leuten sehr authentisch: „Mach dein Ding. Habe Spaß an der Sache. Beim Hobby und bei der Arbeit. Nur fürs Geld würde ich weder das eine noch das andere machen.“
Sie interessieren sich für die Hobbys von Dachdeckern? Dann lesen Sie unsere Story über den Dachdeckermeister und Buchautor Johannes Heine.