Das Kirchendach in Dreis ist Dachdecker-Familiensache
Bild von Kirchendach

Das Kirchendach in Dreis ist Dachdecker-Familiensache

23. Juni 2022

 · Katharina Meise

Wahrscheinlich ist es für jeden Dachdecker etwas Besonderes, ein Kirchendach zu sanieren. Immerhin hat man es mit historischem Gemäuer zu tun und weiß nie, welche geschichtsträchtige Überraschung einen unter der alten Eindeckung erwartet. Für Dachdeckermeisterin Vanessa Thieltges und die Mitarbeiter ihres Familienbetriebs Thieltges-Zunker Bedachungen GmbH war die Arbeit an der Pfarrkirche St. Martin in Dreis, dem Heimatort der Familie, jedoch noch spezieller. Denn der letzte Mensch, der vor ihnen auf der Turmspitze gestanden hatte, war Vanessas Opa Jakob Thieltges.

Bild von Kirchendach
Der Turm der Pfarrkirche ist eingehüllt, darunter laufen die Arbeiten am Kirchendach. (Titelbild und Abbildungen: Thieltges-Zunker Bedachungen GmbH)

Gänsehaut-Moment beim Abtragen des alten Daches

Der Firmengründer hatte 1957/58 den Turm neu eingedeckt. „Wir haben beim Abtragen des alten Kirchendaches einen Stein mit seinem Namen und dem Datum April 1958 gefunden. Das war echt ein Gänsehaut-Moment“, schwärmt die Enkeltochter und heutige Juniorchefin der Firma Thieltges-Zunker, einem Mitgliedsbetrieb der DEG Alles für das Dach eG. Als ihr Opa an der Kirche gearbeitet hat, musste nur der Turm neu gedeckt werden. „Das Schiff war damals noch in Ordnung. Das war zuletzt vor dem Krieg 1937 gemacht worden. Schiefer ist nun mal sehr nachhaltig und lange haltbar – da sind 20 Jahre noch gar nichts.“ 

Bild von Sanierung des alten Kirchendachs
Ein Blick empor und in die Vergangenheit: Der Turm der Pfarrkirche St. Martin in Dreis.

Viel Arbeit für den Zimmermann

Mittlerweile, nach fast 90 Jahren, hat die Witterung dem gesamten Kirchendach allerdings doch zugesetzt. „Aufgefallen ist das schon vor ein paar Jahren durch einen Wasserschaden an der Kirchendecke“, erinnert sich Vanessa Thieltges. „Bei den Reparaturarbeiten damals stellte man fest, dass das komplette Dach erneuert werden muss.“ Vor allem der untere Teil des Turmdachs, das besonders flach ausläuft, hat gelitten. „Unter der Eindeckung war alles verfault. Da musste der Zimmermann viel reparieren. Außerdem hat er den Dachstuhl des Schiffes im Bereich der Traufen ertüchtigt.“ Dieser Mehraufwand sorgte auch dafür, dass das gesamte Projekt wesentlich länger dauerte als ursprünglich geplant – insgesamt ziemlich genau ein Jahr.

Bild von Mitarbeitern auf dem Kirchendach
Das neue Kirchendach nimmt Formen an.

2,5 Tonnen Blei und 45 000 Schiefer im Kirchendach verbaut

Weil so ein Kirchendach von gut 1 000 Quadratmetern Fläche keine Kleinigkeit ist, hat ein Sachverständiger des Bistums Trier die Sanierung von Anfang an begleitet. „Das war gut so, denn er kannte zum Beispiel das Problem mit der faulenden Dachkonstruktion am Turm schon von anderen Kirchen der Region. Dort hatte man gute Erfahrungen mit einer Verkleidung aus Blei gemacht. Also haben wir hier statt mit Schiefer die Dreiecke mit Blei eingedeckt. Und viel, einfach unfassbar viel Blei!“ 

Vanessa Thieltges staunt noch immer beim Gedanken daran, in welchen Mengen sie Material ordern musste. „Insgesamt haben wir wohl 2,5 Tonnen Blei verbaut. Das meiste tatsächlich an den Turmdreiecken, ein bisschen was auch an den übrigen Wandanschlüssen, Gauben und unter den Graten.“ Hinzu kamen rund 45 000 Schiefer für das Dach des Kirchenschiffs und das steile Turmdach.

Bild von Schiefer auf dem Kirchendach
Von außen kaum zu erahnen, aber im Kirchendach in Dreist wurden 2,5 Tonnen Blei und 45 000 Schiefer verbaut.

Der Wetterhahn zieht durchs Dorf

Neben dem neuen Dach erhielt die Pfarrkirche auch einen neuen Wetterhahn und ein neues Kreuz für die Turmspitze. Immerhin waren auch sie jahrzehntelang Wind und Wetter ausgesetzt und nicht mehr zu reparieren. Doch ehe der Hahn aus vergoldetem Kupfer seinen neuen Platz an der Turmspitze einnehmen durfte, wurde er zum Mittelpunkt einer fast vergessenen Tradition: „Eh man den Hahn auf den Turm setzt, wird er durchs Dorf getragen und jedem Einwohner gezeigt. Das hat mein Opa damals schon gemacht, und wir haben diesen Brauch wiederaufleben lassen – natürlich in Zunftkleidung, wie sich das gehört“, erzählt Vanessa Thieltges. 

Bild von Wetterhahn für das Kirchendach
Der Wetterhahn zog durch das Dorf, bevor er in luftiger Höhe auf die Turmspitze des Kirchendaches kam – so will es die Tradition.

Bei rund 1 400 Einwohnern in Dreis war sie mit drei Mitarbeitern drei volle Tage im Ort unterwegs. „An jeder Tür haben wir unseren Spruch aufgesagt: ‚Wir bringen euch den Kirchenhahn, er zeigt euch Wind und Wetter an. Er zeigt euch Norden, Süden, Ost und West, und macht, dass ihr das Trinkgeld nicht vergesst!‘“

Bild von Sammlung für den Wetterhahn
Blick zurück: Schon damals zog der Großvater mit dem Wetterhahn durch die Ortschaft.

Emotionales Projekt für Anwohner und Dachdeckermeisterin

Die Resonanz sei durchweg positiv gewesen: „Die meisten Dreiser waren richtig begeistert. Wann kann man den Kirchenhahn schon mal aus der Nähe sehen und anfassen? Und ein Bewohner, der etwas über 90 Jahre alt war, hat erzählt, dass er den Hahn sogar schon zum dritten Mal sieht. Das fand ich beeindruckend.“ Überhaupt ist das Projekt Pfarrkirche für Vanessa Thieltges ein in mehrfacher Hinsicht ganz besonderes: „Ich gehe stark davon aus, dass ich es nicht mehr erleben werde, dass Dreis wieder ein neues Kirchendach bekommt. Da darf dann die nächste oder sogar übernächste Generation ran!“

Bild von Wetterhahn auf dem Kirchendach
Einst stand hier oben ihr Opa, danach lange niemand mehr. Nun trat die Dachdeckermeisterin wortwörtlich mit Vater Jürgen Thieltges in seine Fußstapfen.

Sie interessieren sich für Dachdeckerarbeiten rund um und an Kirchen? Dann lesen Sie unsere Story über eine Drohneninspektion von Stuttgarter Kirchdächern.

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