Fachkräfte selber ausbilden und im Dachdecker-Betrieb halten
Fachkräfte

Fachkräfte selbst ausbilden und im Betrieb halten

15. Oktober 2020

 · Knut Köstergarten

Kaum zu glauben, aber wahr: Fünf Jahre nach der Ausbildung sind nur noch 41,3 Prozent der Jung-Gesellen im Dachdeckerhandwerk beschäftigt. Das heißt: Viel zu viele Betriebe bilden aus und verlieren dann ihre Fachkräfte an andere Berufe. Die Investition in Geld, Zeit und Kommunikation zahlt sich oftmals nicht aus. Als Hauptursache benennt die Studie der Soka Dach hier die mangelnde Kontinuität der Beschäftigung. Das heißt: viele Junggesellen erreichen wegen kurzer Arbeitslosigkeit im Winter oder durch das saisonale Ausfallgeld nicht den vollen Jahreslohn. Und oft werden solche Arbeitsunterbrechungen auch nicht konstruktiv für Weiterbildung genutzt. Dass die Fachkräfte nach sichereren und durchgehend bezahlten Jobs suchen, ist natürlich verständlich.

FachkräfteFachkräfte im Dachhandwerk werden immer älter

Weil so viele junge Fachkräfte abwandern, ist der Anteil der älteren Arbeitnehmer zwischen 1985 und 2017 stark angestiegen. So ist die Gruppe der über 50-Jährigen mit 23,8 Prozent inzwischen fast genauso groß wie die Gruppe der unter 30-Jährigen mit 28,3 Prozent. Dem Dachdeckerhandwerk droht eine Überalterung der gewerblichen Beschäftigten und eine Zunahme der gesundheitlichen Probleme. Schon in den zehn Jahren zwischen 2007 und 2017 ist der Krankenstand von etwa vier auf über sechs Prozent angestiegen.

Fachkräfte Dachdecker Zimmerer
Sascha Kloss weiß, dass er selbst aktiv werden muss, um Azubis zu gewinnen.

Perspektivwechsel: Dachdecker bewirbt sich bei Jugendlichen

Alarmierende Zahlen, die den Betrieben zu denken geben sollten. Ohne ein langfristig gesundes, funktionierendes und motiviertes Team lässt sich auf Dauer kein Geld verdienen. Doch es gibt auch Dachdeckermeister wie Sascha Kloss von Philipp Haustechnik in Bielefeld, welche die Botschaft verstanden haben. Er spricht in einem Instagram-Video für Jugendliche aus, was aktuell die größte Veränderung ist. „Ich drehe jetzt den Spieß mal um. Ihr bewerbt Euch nicht bei mir, ich bewerbe mich bei Euch!“ Heute können sich angehende Lehrlinge und spätere Jung-Gesellen ihren Job aussuchen. Sie werden den nehmen, der ihnen eine wirklich gute Perspektive bietet – finanziell und menschlich und mit Möglichkeiten zur Weiterbildung.

Fachkräfte Dachdecker Zimmerer
Auch spontanes Grillen mit den Kollegen nach der Arbeit gehört bei Philipp Haustechnik zum Alltag.

Ein Top-Team ist die Basis des Erfolgs

Sein Top-Team ist für Kloss die Basis des Erfolgs. „Die meisten arbeiten schon zehn, fünfzehn Jahre bei uns. Einige sind auch wiedergekommen, nachdem sie mal weg waren“, erklärt der 47-Jährige. Er hat selbst bei Philipp Haustechnik gelernt und ist seitdem an Bord – mittlerweile 31 Jahre. Kloss lebt das vor, diese Kontinuität, als angestellter Meister. Und er weiß: „Man muss was anbieten, gute Fachkräfte können sich die Jobs aussuchen.“  Geld muss bezahlt werden, klar. Zudem gibt es professionelle Arbeitskleidung, Werkzeug und Fahrzeuge. „Und wir machen auch mal ein Event am Wochenende.“

Das Team nachhaltig motivieren und zusammenhalten

Fachkräfte Dachdecker Zimmerer
Zimmerer David Maisuradze wurde nach der Ausbildung im Betrieb ins ZEP-Team übernommen.

Es gilt, für Sascha Kloss viele kleine Stellschrauben zu drehen, damit die Mitarbeiter gerne zur Arbeit kommen und motiviert sind. Eine weitere Idee für den Teamzusammenhalt ist der sonntägliche Lauftreff. Der hat sich längst etabliert bei den Mitarbeitern. In Bielefeld ist auch das ZEP-Team von Zimmerermeister Eugen Penner zuhause, der sich mit Kloss bestens versteht.

Dort wird viel ausgebildet und insgesamt dem Team einiges geboten bis hin zu einem Masseur, der jeden Freitag in den Betrieb kommt. Dabei ist der Name Programm – wenn sich die Mitarbeiter wirklich als Team fühlen, geht so schnell auch keiner von der Fahne.

Fachkräfte Dachdecker Zimmerer
Inhaber und Zimmerermeister Eugen Penner ist stolz auf sein ZEP-Team.

Kloss und Penner sind Chefs, die verstanden haben, wie sie nachhaltig Fachkräfte gewinnen und halten können. Und mit ihren motivierten Teams sind sie natürlich auch wirtschaftlich erfolgreich, bezahlen ihre Mitarbeiter kontinuierlich über zwölf Monate. Sie finden neue Auszubildende und sie haben auch nicht das Problem, dass ihre Junggesellen in andere Berufe abwandern.

Lesetipp: Warum beim ZEP-Team auch Auszubildende ihre Meinung sagen sollen

Historische Chance für die Gewinnung von Auszubildenden      

Das weiß auch Artur Wierschem, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH). Er sagt: „Unsere Betriebe müssen die jungen Leute nicht nur gewinnen, sondern dann möglichst auch deren Erwartungen erfüllen in der Ausbildung und danach.“ Der ZVDH hat dafür eine Art Knigge aufgelegt. Darin ist nachzulesen, wie und mit welchen konkreten Dingen die Betriebe ihre Auszubildenden begeistern können. Dazu gehört für Wierschem auch die Digitalisierung, etwa mit dem digitalen Berichtsheft. „Wir als ZVDH gehen voran in der Nachwuchswerbung, gerade mit unseren Jugendbotschaftern, die etwa auf Messen und in den sozialen Medien sehr aktiv sind.“ Und für die Webplattform Dachdecker Dein Beruf, über die sich Jugendliche direkt bei den Innungsbetrieben bewerben können, gab es gerade einen Relaunch.

Fachkräfte Dachdecker Zimmerer
Artur Wierschem ist stellvertretender ZVDH-Hauptgeschäftsführer und zuständig für den Bereich Bildung.

Für Wierschem bietet die aktuelle Situation mit Corona auch eine historische Chance für die Betriebe des Dachdeckerhandwerks. „Wir sind im Gegensatz zu vielen anderen Gewerken verhältnismäßig gut durch die Krise gekommen und sollten jetzt in die Lücke hineinstoßen, die andere Gewerke wegen Corona hinterlassen, um geeignete Kandidaten für Lehrstellen zu gewinnen.“ Das erfordere allerdings die Bereitschaft der Betriebe zu einer gezielten Personalentwicklung. „Sie haben drei Jahre Zeit, die Lehrlinge so auszubilden, wie sie es brauchen im Betrieb. Das macht unsere neue Ausbildungsordnung mit der Schwerpunktbildung möglich“, erklärt Wierschem.

Sie wollen mehr über Sascha Kloss erfahren? Dann lesen Sie die komplette Story über ihn und seine Bewerbung zum Mister Handwerk hier…

Artikel jetzt teilen!

Weitere Artikel

Newsletter-Anmeldung

DACH-Ticker

Positiver Trend im Dachdeckerhandwerk: Steigerung der Azubizahlen

Die aktuellen Zahlen zeigen einen erfreulichen Anstieg der Azubizahlen im Dachdeckerhandwerk. Derzeit erlernen 8490 junge Menschen diesen Beruf, was einem leichten Anstieg um 0,75 Prozent im Vergleich zum Vorjahr mit 8427 Auszubildenden entspricht. Rolf Fuhrmann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH), betont die positive Entwicklung trotz der allgemeinen Ausbildungssituation und intensiver Konkurrenz mit anderen Berufen.

7. Februar 2024

Holzhandel erzielt im Jahr 2023 deutlich weniger Umsatz

Das schwierige wirtschaftliche Umfeld verbunden mit einer sehr schwachen Baukonjunktur sorgten beim deutschen Holzhandel 2023 insgesamt für einen Umsatzrückgang von 15 Prozent. Teilweise ist dieser Umsatzrückgang aber auch weiter nachgebenden Preisen geschuldet. Die Jahresauswertung des monatlichen GD Holz Betriebsvergleiches zeigt deutlich, dass die schwachen Absatzmärkte im vergangenen Jahr voll auf die Umsatzentwicklung der Branche durchgeschlagen haben. Alle wichtigen Sortimente im Holzhandel sind von diesem Umsatzrückgang betroffen, am stärksten Schnittholz mit einem Umsatzrückgang von 24 Prozent.

2. Februar 2024

ifo Institut: Rentenalter an steigende Lebenserwartung koppeln

Das ifo Institut Dresden hat sich dafür ausgesprochen, das Rentenalter an die steigende Lebenserwartung zu koppeln. „Einige unserer Nachbarländer haben das bereits beschlossen, so die Niederlande, Schweden und Finnland“, sagt ifo-Rentenexperte Joachim Ragnitz. In den Niederlanden werde folgende Regel angewendet: Wenn die Menschen drei Jahre länger leben, müssen sie zwei Jahre länger arbeiten und bekommen ein Jahr länger Rente. Das Verhältnis von Rentnern zu Erwerbstätigen würde damit auch nach dem Jahr 2040 stabil bei rund 40 Prozent liegen und nicht auf fast 50 Prozent steigen, wie derzeit prognostiziert. 

16. Januar 2024

Beschäftigung auf Rekordniveau: Arbeitsmarkt zeigt sich 2023 widerstandsfähig

Im Dezember 2023 waren rund 2,6 Millionen Menschen arbeitslos. Im Vergleich zum November stieg die Arbeitslosenquote saisonbedingt um 0,1 Prozentpunkte auf 5,7 Prozent. Staatssekretärin Leonie Gebers, Bundesministerium für Arbeit und Soziales: „Erfreulich ist, dass die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit 35,1 Millionen im Oktober erneut einen Höchststand erreicht hat und die Nachfrage nach neuen MitarbeiterInnen im Dezember trotz weiterhin schwacher Konjunktur wieder leicht gestiegen ist. Der Arbeitsmarkt erweist sich als verlässlich und widerstandsfähig.“

8. Januar 2024

Dachdecker gilt als am wenigsten durch Künstliche Intelligenz gefährdeter Beruf

Die meisten Büroberufe halten viele Menschen nach einer repräsentativen Umfrage der Marktforscher von YouGov für akut gefährdet, durch Künstliche Intelligenz (KI) ersetzt zu werden. Besser sind die Zukunftsaussichten für die handwerklich geprägten Berufe, bei denen sich die menschliche Komponente nur sehr schwer ersetzen lässt. Den Beruf des Schreiners halten 64 Prozent der Befragten für wenig oder gar nicht gefährdet, 65 Prozent den Beruf Maler und für den Beruf Dachdecker sehen gar 71 Prozent der Befragten wenig oder gar keine Gefahr.

21. Dezember 2023

Mayener Meisterwoche 2024 mit aktuellen Themen

In Mayen werden vom 24.-26. Januar 2024 wieder Tür und Tor für die Mayener Meisterwoche (MMW) geöffnet. Das Programm lässt keine Wünsche offen und beleuchtet die aktuellen Themen der Zeit: Neben wichtigen Neuerungen im Fachregelwerk geht es um Schadensfälle bei PV-Anlagen, die Möglichkeiten und Grenzen einer 4-Tage-Woche in Dachdeckerbetrieben, aber auch Cybersicherheit und KI im Handwerk versprechen interessante Einsichten. Ein Blick in das Programm lohnt auf jeden Fall.

15. Dezember 2023

Neues Führungs-Duo bei Velux Deutschland

Mit sofortiger Wirkung übernehmen Silke Stehr als Sprecherin der Geschäftsführung und Matthias Mager als Geschäftsführer Vertrieb die Leitung von Velux Deutschland. Jacob Madsen, bisheriger Geschäftsführer, wechselt als Executive Vice President Region North Europe in das Top-Management der Velux Gruppe. „Silke und Matthias haben viel Markt- und Branchen-Erfahrung und gestalten Velux schon lange erfolgreich mit,“ erklärt Madsen. „Gemeinsam werden wir unser Qualitätsversprechen, die enge Zusammenarbeit mit den Partnerbetrieben im Fachhandel und Handwerk und die starke Position des Unternehmens weiter ausbauen.“

4. Dezember 2023

Auftragszahlen im Wohnungsbau gehen weiter abwärts

„Seit mehr als einem Jahr verzeichnen wir nun schon negative Zahlen bei Baugenehmigungen und Auftragseingängen im Wohnungsbau. Von Januar bis September wurden fast 77.000 Wohneinheiten weniger genehmigt als im Vorjahreszeitraum. Die Order sind im September um real 15 Prozent zurückgegangen“, so Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe. Der Der Wohnungsbau brauche neben dem beim Kanzlergipfel verabschiedeten 14-Punkte-Plan kurzfristige Hilfe, sonst werde der Einbruch noch dramatischer.

24. November 2023

ifo Institut: Auftragsstornierungen im Wohnungsbau erreichen neuen Höchststand  

Die Stornierungswelle im Wohnungsbau reißt nicht ab. Im Oktober meldeten 22,2 Prozent der Unternehmen gestrichene Projekte, im Vormonat waren es 21,4 Prozent. „Es wird immer schlimmer, mehr und mehr Projekte scheitern am gestiegenen Zinsniveau und den teuren Baupreisen“, sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der ifo Umfragen. „Das Neugeschäft im Wohnungsbau ist weiterhin sehr schwach, die Auftragsbestände der Firmen schmelzen ab.“ 

15. November 2023

ifo Institut: Wirtschaftsleistung 2023 schrumpft um 0,4 Prozent

Das ifo Institut hat seine Konjunkturprognose bestätigt. Demnach wird die deutsche Wirtschaftsleistung 2023 um 0,4 Prozent schrumpfen. Im kommenden Jahr wird sie dann um 1,4 Prozent steigen, aber 0,1 Prozentpunkte weniger als bislang gedacht. Im Jahre 2025 wird das Wachstum 1,2 Prozent betragen. „Anders als bislang erwartet dürfte die Erholung in der zweiten Jahreshälfte 2023 ausbleiben. Die Abkühlung setzt sich fort, in nahezu allen Branchen steht die Tendenz auf Flaute“, sagt ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. 

8. September 2023