ZVDH-Notfallmanagement: Damit der Dachdecker-Betrieb überlebt
Bild von Dachdeckern auf dem Dach

ZVDH-Notfallmanagement: Damit der Dachdecker-Betrieb überlebt

22. August 2024

 · Knut Köstergarten

Wenn der Chef oder die Chefin unerwartet durch einen Unfall oder eine schwere Erkrankung ausfällt oder sogar stirbt, ist vor allem in kleineren Betrieben oft guter Rat teuer. Vor allem, wenn es keine Planung inklusive Vollmachten gibt, wer in so einem Fall die Geschäfte weiterführen soll. Dann kann es passieren, dass wie beim Betrieb Dachdeckermeister Specht GmbH die Büroleiterin und Ehefrau Nelly Specht sich mit viel Bürokratie herumschlagen und die Gehälter der Mitarbeiter zunächst über ihr privates Konto vorstrecken muss. Mit Hilfe ihrer Familie, befreundeter Dachdecker sowie von Herstellern und Bedachungshandel gelingt es ihr schließlich mit einer Energieleistung, den Fortbestand des Betriebs nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes zu sichern.

Bild von Dachdeckerin Nelly Specht
Nelly Specht hat es nach dem plötzlichen Tod Ihres Mannes geschafft, den Familienbetrieb wieder zurück in die Erfolgsspur zu bringen. (Foto: Specht)

Stellvertreter-Regelungen und Vollmachten für den Notfall

Doch in Notfällen gelingt es leichter die Insolvenz zu vermeiden, wenn der Dachdecker-Unternehmer vorsorgt. Dafür braucht es eine fundierte Zukunftsplanung, die ein Notfallmanagement zwingend beinhaltet. „Gerade in einer Situation, in der der Betrieb durch den unerwarteten Ausfall des Chefs nicht nur im rechtlichen Sinne erstmal allein dasteht, sind Stellvertreterregelungen und dazugehörige Vollmachten für Familienmitglieder und/oder Mitarbeiter unverzichtbar. Zudem benötigt jeder Unternehmer ein schriftliches Konzept, in dem Jahresziele und -pläne sowie Strategien für den Betrieb enthalten sind, um erfolgreich wirtschaften zu können“, erläutert Felix Fink, Bereichsleiter Wirtschaft und Unternehmensführung beim Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH). Er hat im Auftrag des zuständigen Fachausschusses gemeinsam mit Peter Welter die zweite, erweiterte Auflage des ZVDH-Notfall-Ordners konzipiert, der hier bestellt werden kann.

Ausfälle meistern – Fortbestand sichern

Für Fink ist klar: „Besonders Unternehmen, die langfristig von Familienmitgliedern weitergeführt werden sollen, müssen so aufgestellt sein, dass der Fortbestand des Betriebs im Mittelpunkt aller strategischen Überlegungen steht – losgelöst von der Person des Unternehmers. Auch auf die Gefahr hin, dass andere Ziele, wie etwa eine gleichmäßige Vererbung, in den Hintergrund treten.“ Dabei ist eine vorherige Beratung durch Steuerberater, Rechtsanwalt und Notar empfehlenswert. „Die dazu erforderlichen Maßnahmen, wie beispielsweise der Abschluss eines Ehevertrags und die Verfassung eines Testaments, sind unverzüglich vorzunehmen und bei Bedarf in regelmäßigen Abständen anzupassen“, benennt Fink zentrale Punkte.

Bild von Felix Fink mit dem neuen Notfall-Ordner
Felix Fink hat den neuen ZVDH-Notfallordner gemeinsam mit Peter Welter konzipiert. (Foto: ZVDH)

Notfall-Ordner mit allen wichtigen Formularen zum Ausfüllen

Im ZVDH-Ordner mit dem Titel „Notfallmanagement im Dachdeckerbetrieb“ finden die Betriebsinhaber eine systematische Vorlage für die Erstellung eines Notfall-Fahrplans und die Sammlung aller relevanten Dokumente. Die klar strukturierten Formulare können direkt vom Unternehmer ausgefüllt werden. Zentral sind zunächst die Vorab- und Sofortmaßnahmen im ersten Kapitel mit den Formularen Stellvertreter-Regelung, erste Handlungsanweisungen und erste Benachrichtigungen.

Stellvertreter im Betrieb aufbauen

Felix Fink empfiehlt dem Unternehmer, vor Erstellen des Notfall-Ordners einen Stellvertreter aufzubauen. Das kann die im Büro mitarbeitende Ehefrau oder Lebenspartnerin oder ein bewährter Mitarbeiter sein. Die Stellvertreter-Regelung sollte zudem schriftlich fixiert und entsprechende Vollmachten und Verfügungen ausgefertigt werden. Auch die Belegschaft zu informieren, ist eine vertrauensbildende Maßnahme.

Bild von Dachdecker mit Auszubildendem
Bewährte Mitarbeiter sollten für den Fall der Notfälle als Stellvertreter aufgebaut werden.

Neuauflage überarbeitet und mit neuen Kapiteln

Die erste Auflage des Notfallordners erschien 2015 mit 76 Seiten, die erweiterte Neuauflage hat mit 152 doppelt so viele Seiten. Alle in der ersten Auflage vorhandenen Muster für Vollmachten und Verfügungen wurden aktualisiert. Komplett neu sind die Ausführungen sowie das Formular zur Innenverhältnisregelung zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem (Kap. 3.2.3), die Registrierung bei der Bundesnotarkammer mit entsprechenden Antragsmustern (Kap. 3.5), die Sorgerechtsverfügung (Kap. 3.6), dazu das gesamte Kapitel 6 über eheliche Güterstände und Nachlass sowie das Unterkapitel 8.1 Cybersicherheit im Handwerk – Erste Hilfe bei einer Cyber-Attacke. Zudem gab es etliche Aktualisierungen und Ergänzungen in den anderen Abschnitten.

Ohne Ehevertrag kann eine Scheidung in die Insolvenz führen

Gerade der Bereich eheliche Güterstände und Nachlass hat eine große Bedeutung. Dahinter verbirgt sich zum einen das Thema Ehescheidung. Viele Dachdecker-Chefs bleiben im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. „Kommt es zur Scheidung, wird der Zugewinn bei jedem Ehepartner ermittelt und dann geteilt“, erklärt Felix Fink. Der Zugewinn fällt meist beim Dachdecker an, weil die Ehefrau oft den Haushalt führt, die Kinder betreut und vielleicht in Teilzeit mitarbeitet. „Bei einer Scheidung hat die Ehefrau einen Geldanspruch auf den Zugewinn, der sofort fällig wird. Diese Summe kann einen Betrieb in die Insolvenz führen“, erläutert Fink. Sinnvoll könne ein Ehevertrag in Form einer modifizierten Zugewinngemeinschaft sein, der den Fortbestand sichert und bei dem sich zugleich kein Partner benachteiligt fühlt.

Nachlass: Testamentsregelung wichtig

Ähnlich ist es beim Nachlass. Fehlt im Zusammenhang mit dem Tod des Dachdecker-Chefs eine Testamentsregelung, fällt der Betrieb womöglich an eine Erbengemeinschaft. „Betroffene sagen, die Erbengemeinschaft kann der Vorhof zu Hölle sein“, spitzt Fink zu. Das heißt: Sind sich die Erben nicht grün, kann der Betrieb stillstehen, weil Entscheidungen vertagt werden müssen. Es droht auch hier die Auflösung des Betriebes. Dies lässt sich durch ein entsprechendes Testament vermeiden.

Notfallmanagement künftig Pflichtthema bei ersten Meisterkursen

Der Notfallmanagement-Ordner wird zukünftig auch Pflichtbaustein bei der Meisterausbildung am BBZ in Mayen sowie im Ausbildungszentrum St. Andreasberg. „Das freut mich sehr“, erklärt Felix Fink. „Man kann gar nicht früh genug anfangen, zukünftige Betriebsinhaber aufzuklären über all die Punkte, die dem Unternehmen das Genick brechen können, wenn man unvorbereitet ist.“

Sie interessieren sich für das Thema Notfallmanagement. Dann lesen Sie unsere Story über Barbara Küpper, die nach dem Tod des Ehemanns den Dachdeckerbetrieb weiterführt.

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