Dachdecker erläutert Nutzen der Digitalisierung
Digitalisierung

Dachdecker erläutert Nutzen der Digitalisierung

23. Januar 2020

 · Michael Podschadel

DACH\LIVE: Geht’s heute im Handwerk noch ohne Digitalisierung?

Dirk Sindermann: Ja, das hoffe ich doch. Kein Mensch braucht oder will den digitalen Dachdecker-Roboter. Handwerk soll Handwerk bleiben. Aber die administrativen Arbeiten und die vielen Prozesse rund um das Handwerk, die müssen mit digitalen Tools verselbstständigt werden.

Digitalisierung Dachdecker Sindermann
Experte für Digitalisierung: Dachdecker- und Klempnermeister Dirk Sindermann aus Dortmund. Die Drohne, siehe Titelfoto, gehört bei ihm zum Handwerkszeug.

DACH\LIVE: Wo sind die Dachdecker bereits heute digital gut aufgestellt?

Dirk Sindermann: Ein großer Vorteil ist die digitale Bereitschaft und die konstruktive Zusammenarbeit aller Beteiligten, also zwischen den Dachdeckern, der Industrie und dem Handel. Auch durch die übergreifende Zusammenarbeit im „Kompetenzzentrum Digitales Handwerk“ bei der Erstellung des Leitbetriebes sehe ich sehr positiv. Hier geht es um die Entwicklung eines Strategie-Leitfadens für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) zur Umsetzung der digitalen Transformation im Dachdeckerhandwerk.

DACH\LIVE: Wie haben Sie in Ihrem Betrieb die Digitalisierung vorangetrieben?

Dirk Sindermann: Vor der Digitalisierung kommt erstmal die Prozessoptimierung. Das bedeutet, dass man sich zunächst aus der Vogelperspektive alle einzelnen Prozesse anschauen muss, diese kritisch hinterfragt und dann gegebenenfalls verbessert. Erst, wenn der Ablauf optimal aufgebaut ist, macht es Sinn darüber nachzudenken, wie man digitale Tools einsetzen kann. Allein durch die digitale Umsetzung verbessert man zunächst noch keinen Prozess und verschafft sich somit auch noch keine Arbeitserleichterung.

Digitalisierung Dachdecker Sindermann
Handwerk besteht in erster Linie aus handfesten Arbeitsprozessen. Nur wer die im Griff hat, kann mit digitalen Tools für weitere Optimierung sorgen. Foto: Herbert Piel

DACH\LIVE: Wo müssen Dachdecker-Betriebe deutlich mehr tun?

Dirk Sindermann: Ganz wichtig ist der Aufbau einer eigenen digitalen Kompetenz. Die minimale Anforderung – die längst nicht jeder Betrieb erfüllt – ist eine gute Webseite mit umfangreichen Information für Kunden und die eigenen Mitarbeiter. Damit sollte man beginnen und sich dann immer weiter nach vorne arbeiten. Und dabei nicht vergessen, auch die kleinen Erfolge zu feiern.

DACH\LIVE: Wie gut ziehen die Mitarbeiter dabei mit?

Dirk Sindermann: Mitarbeiter, das ist ein sehr gutes Stichwort. Die Mitarbeiter muss man unbedingt mit einbeziehen. Prozessoptimierung oder Digitalisierung kann man nicht verordnen, das ist ein Teil der Unternehmenskultur. Aber alle Mitarbeiter, die ernsthaft am Unternehmenserfolg interessiert sind, sind meiner Erfahrung nach auch offen für Verbesserungen, auch durch Digitalisierung.

Digitalisierung Dachdecker Sindermann
18 Mitarbeiter sind bei Bedachungen Sindermann beschäftigt. Das Kerngeschäft liegt in der energetischen Sanierung von Flach- und Steildächern sowie im Reparaturbereich.

DACH\LIVE: Stichwort mangelhafter Breitbandausbau: welche Hürden sehen Sie?

Dirk Sindermann: Selbstverständlich ist ein schnelles Internet Voraussetzung für eine funktionierende Prozessoptimierung. Ohne eine leistungsfähige Netzverfügbarkeit brauchen wir uns über Digitalisierung überhaupt keine Gedanken zu machen. Aber auch die Politik muss entsprechende Weichen stellen und auch für kleinere Handwerksbetriebe Anreize zur Umsetzung von digitalen Projekten schaffen. Die meisten Projekte fördern ausschließlich die Beratung, aber nicht die Umsetzung. Für kleine Betriebe ist das deutlich zu wenig Unterstützung.

DACH\LIVE: Soweit zur Politik. Was ist mit den Herstellern?

Dirk Sindermann: Die meisten Akteure haben nur ihren eigenen Ablauf im Blick und sehen nicht das Zusammenwirken von Herstellern, Handel, Verarbeitern und Endkunden. Viele Hersteller meinen, Digitalisierung sei einfach eine Kundenplattform im Internet. So eine Plattform bringt dem Handwerk aber ökonomisch überhaupt keinen Vorteil. Deshalb werden nicht mehr Dächer gedeckt. Hier braucht es digitale Tools, die uns die Zusammenarbeit mit Handel, Industrie und unseren Kunden vereinfachen. Da ist die ZEDACH-Gruppe aktuell die einzige Instanz, die sich mit dem digitalen Werkzeugkasten FLEXBOX auf einen ganzheitlichen digitalen Weg gemacht hat.

Digitalisierung Flexbox
FLEXBOX bieten einen digitalen Werkzeugkasten mit vielen Tools – ausgerichtet auf den konkreten Bedarf von Dachdeckern und Zimmerern.

DACH\LIVE: Aber bieten nicht viele Hersteller und IT-Dienstleister branchenspezifische Lösungen an?

Dirk Sindermann: Ja, aber fast jede Hersteller- und Branchensoftware schwächelt. Das liegt meines Erachtens daran, dass jeder Hersteller sein Programm als Insellösung betreibt. Uns fehlt hier ganz einfach eine übergreifende Lösung, die alle betrieblichen Bereiche sinnvoll und nachhaltig abdeckt. So etwas gibt es leider nicht am Markt, das muss noch entwickelt werden.

DACH\LIVE: Sie sprechen aus Erfahrung?

Dirk Sindermann: Leider. Ein Beispiel dafür hat uns im letzten Monat sehr beschäftigt. Der Hersteller einer modernen CNC-gesteuerten Kantbank war zunächst nicht in der Lage, eine Software anzubieten, die die Darstellung auf einem modernen Monitor im Format 21:9 passend skaliert. Man erhält von Herstellern leider sehr oft zuerst unbefriedigende Antworten wie: „das hat noch keiner gefordert“, „das geht nicht“, „sie sind der erste, der danach fragt“ oder „wir versuchen, das in Zukunft umzusetzen“. Häufig erreicht man die gewünschten Veränderungen nur dann, wenn unnachgiebig nachgefasst wird. In unserem Fall wurde schließlich zugesagt, die Software zufriedenstellend anzupassen.

DACH\LIVE: Was müsste besser laufen?

Dirk Sindermann: Nach meinem Dafürhalten sind wir in unserer Bedachungsbranche auf einem ganz guten Weg. Der ZVDH hat einen Lenkungskreis gegründet, der sich gezielt mit dem Thema „Digitalisierung“ auseinandersetzt. Dort findet ein regelmäßiger Austausch zwischen der Berufsorganisation, den Dachdeckern, dem Handel, der Industrie, dem Heinz-Piest-Institut für Handwerkstechnik und den Kompetenzzentren des Handwerks statt.

DACH\LIVE: Wie müsste ein digitalisiertes Handwerk in zehn Jahren aussehen?

Dirk Sindermann: Ehrlich gesagt möchte ich überhaupt kein digitales Handwerk. Bessere Werkzeuge und bessere Maschinen sind zwar sinnvoll, aber trotzdem soll Handwerk eben Handwerk bleiben. Ich wünsche mir ein übergeordnetes System, dass alle administrativen Arbeiten für den betrieblichen Ablauf beinhaltet. So, dass wir als Unternehmer mit unseren Mitarbeitern gemeinsam wieder mehr Zeit dafür finden, worauf es wirklich ankommt. Das ist unser Handwerk, das sind unsere Kunden, das sind unsere Mitarbeiter und unsere Familien. Und nicht zuletzt sollten wir mehr Zeit für uns selbst übrighaben.

Sie interessieren sich für das Thema Digitalisierung? Dann lesen Sie unseren Bericht über den Einsatz von Drohnen im Betrieb Sowade.

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