Wie Michael Zimmermann zum Dachdecker wurde
22. Februar 2024
Eigentlich wollte Michael Zimmermann aus dem schönen Bingen am Rhein nach einem Praktikum ja Autoschlosser werden. Doch dann wurde das Dach seines Elternhauses neu gedeckt – und so kam alles anders. „Gut so“, meint nicht nur Dachdeckermeister Michael Zimmermann heute selbst. Als Mitglied der geburtenstarken Jahrgänge – die heute so gerne Babyboomer genannt werden – musste er sich noch um einen Ausbildungsplatz bemühen. Die Mühe und das vorherige Praktikum hatten sich gelohnt: Er begann eine Ausbildung als Autoschlosser.
Beim elterlichen Dach mit angepackt
Dass sich der Blick nach vorn – und nach oben – lohnt, zeigt sich am Beispiel Michael Zimmermann: Als das Dach seines elterlichen Hauses eines Tages neu gedeckt wurde, packte er nicht nur mit an, sondern fasste auch einen Entschluss: Dachdecker war sein neues Berufsziel. So wechselte er den Ausbildungsplatz und der „Zimmermann“ wurde zum Dachdecker. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Ausbildung und der damals noch üblichen mehrjährigen Gesellenzeit folgte der nächste Schritt nach ganz oben – zum Dachdeckermeister.
Der Meistertitel war jedoch für Michael Zimmermann kein Grund, sich nun entspannt auf dem Dach zurückzulehnen. „Meine Ziele waren schon immer: Einen eigenen Betrieb zu gründen und Sachverständiger zu werden“, erinnert er sich. Und im Nachsatz präzisiert er das: „Ich will einfach ein Experte sein in dem, was ich mache.“
Betriebsgründung neben der Festanstellung
Gewollt, gesagt und getan: Mit dem Meisterbrief in der Hand (und zunächst an der Kellerwand) gründete er 1992 seinen eigenen Betrieb, im Keller seiner ersten Wohnung. Der erste Aufstieg war kurze Zeit später die Betriebsverlegung in eine Doppelgarage. Parallel arbeitete Michael Zimmermann weiter als Meister in seinem Ausbildungsbetrieb, den er eigentlich übernehmen wollte. Wenn heute so gerne von der 4-Tage-Woche gesprochen wird, war damals die 6-Tage-Woche mit 60 Arbeitsstunden ganz normal – jedenfalls für Michael Zimmermann. „Lieber abends müde als pleite“, lautet bis heute sein Motto.
Auf Erfolgskurs vom Start weg
Doch bald stellte sich heraus, dass Zimmermanns Tempo ein anderes war, als es die Zeitpläne seine einstigen Arbeitgebers vorsahen. Zimmermann wollte schneller nach oben kommen. „Das ist wie beim Fliegen: Erstmal Vollgas geben, dann abheben und danach mit dem Kompass den richtigen Kurs finden“, erklärt er. Auf Erfolgskurs war Zimmermann schnell. 1997 baute er seinen Dachdeckerbetrieb in Ockenheim auf, der heute rund 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. „Einige davon sind uns seit den Anfangstagen treu geblieben“, freut sich der heute 57-Jährige – und ist zu Recht schon ein bisschen stolz darauf.
Freude an den eigenhändig gedeckten Dächern
Was war und ist eigentlich seine Motivation, Dachdecker zu sein? „Ich fahre noch heute gerne an Dächern vorbei, die ich mal gebaut, gedeckt oder saniert habe.“ Dabei erinnert sich Zimmermann auch gerne an die vielen Feierabende, an denen er zusammen mit seinen Auftraggebern vor seinem Tagewerk gestanden und sich mit ihnen über den Fortschritt gefreut hat.
Aus dieser Motivation ist eine Vorliebe für das Geschäft mit Privatkunden geworden und bis heute geblieben. „Die freuen sich einfach, wenn ein Meister und Macher kommt und sie gemeinsam mit ihm planen können und von ihm beraten werden“, erklärt Michael Zimmermann. „Passatfahrer“ nennt er den Kundentypus schmunzelnd und zutreffend. „Es sind Menschen, die Sicherheit, Beratung und eine solide, ehrliche handwerkliche Leistung sowie Wertbeständigkeit wollen – und nicht alles immer besser wissen.“ Und lachend fügt er hinzu, dass viele seiner Kunden tatsächlich einen VW Passat fahren. „Unsere Kunden müssen einfach genauso ticken wie wir.“
Problemlöser für die Kunden
Damit wäre schon einmal der bevorzugte Kundentyp geklärt. Jetzt zur Philosophie der Zimmermann Bedachungen GmbH, Mitgliedsbetrieb der DEG Alles für das Dach eG: „Wir sind dazu da, Probleme der Kunden zu lösen“, bringt es der Chef auf einen einfachen Nenner. „Unsere Kernkompetenz ist es, Gebäudeteile und Gebäude energetisch zu optimieren und damit unseren Kunden einen messbaren Nutzen zu verschaffen.“ Nutzen, den sein Team und Betrieb konsequent verfolgen und auch mit perfekter Dämmung von Dach und Wand sowie Solartechnik realisieren.
Sohn Kevin ist bereits Geschäftsführer
Diese Kompetenz ist durchaus ansteckend. Vom Dachdecker-Virus wurden sowohl Ehefrau Martina Zimmermann als Büro- und Finanzleiterin als auch Michaels Zimmermanns Sohn Kevin infiziert. Schon als Kind waren dessen liebster Spielplatz nach der Schule die Baustellen und die Dach+Wand Messen ganz normale Urlaubsziele. Heute ist Kevin Zimmermann selbst Dachdeckermeister und Geschäftsführer – und ein Anpacker wie sein Vater.
Angesteckt wurde übrigens auch Paul Ostermann, der sich als Auszubildender bei Zimmermann Bedachungen 2023 den Titel „Deutschlands bester Dachdecker-Azubi“ bei den German Craft Skills erkämpft hat und damit das Ticket zu den nächsten Dachdecker-Weltmeisterschaften im Herbst 2024 in Innsbruck in Österreich.
Azubis müssen vor allem wollen
Wie geht Nachwuchssuche heute in einer Zeit, in der alles anders ist und ein Überangebot an Ausbildungsplätzen auf die Schulabsolventen wartet? „Wir suchen uns den Nachwuchs, der es nicht nur können, sondern vor allem wollen muss“, lautet die Zimmermann’sche Formel für guten Nachwuchs auf dem Dach. „Das handwerkliche Können ist erlernbar und vermittelbar – es muss menschlich einfach zwischen uns und den Mitarbeitern in unserem Team passen.“ Seine Aufgabe sieht Michael Zimmermann aber nicht nur darin, die DachdeckerInnen für morgen für den Markt und seinen Betrieb auszubilden. „Ich habe dem Dachdeckerhandwerk viel zu verdanken – da ist es meine Pflicht, auch etwas zurückzugeben.“
Das Dachdecker-Gesicht der Energiewende
Das tut er mit einem Engagement, als ob er im Betrieb nicht schon genug zu tun hätte. Michael Zimmermann ist zum Beispiel Vizepräsident des Zentralverbands des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH), stellvertretender Vorstandsvorsitzender des BBZ Mayen und Beiratsmitglied der Aktion Dach zur Förderung des Nachwuchses. Beim ZVDH betreut er die Bereiche Fachtechnik und Digitalisierung. Zimmermann ist wie kein Zweiter das Gesicht der Energiewende im Dachhandwerk. Der Experte für PV-Anlagen reist quer durch die Republik, um für das wichtige Thema zu trommeln, als Dozent in der BBZ-Weiterbildung zum PV-Manager oder als Redner auf Verbandstagen und anderen Veranstaltungen.
Podcast mit Kollege Karl-Heinz Krawczyk
Gehör verschafft er sich in Dachdeckerkreisen auch mit seinem Podcast, den er zusammen mit Baden-Württembergs Landesinnungsmeister Karl-Heinz Krawczyk ins Leben gerufen hat und bis heute zu den unterschiedlichsten Themen produziert. Alle 14 Tage sendet der „Dachdecker-Podcast“ News, Infos und Interviews zu den Themen Technik, Organisation und Digitalisierung.
Dienstleister für Kunden und Mitarbeitende
„Handwerker sein alleine genügt heute einfach nicht mehr“, stellt Michael Zimmermann ganz nüchtern fest. „Wir sind Dienstleister unserer Kunden und MitarbeiterInnen.“ Doch das ist nicht leichter geworden, im Gegenteil: „Wir müssen Regeln haben, auf die wir uns verlassen können – und kein politisches Entscheidungshickhack.“ Damit meint er auch Planungssicherheit und praxisnahe und -taugliche Vorschriften. „Warum können beispielsweise Dach und PV-Anlage nicht als ein Bauteil betrachtet, behandelt und gefördert werden?“, lautet seine berechtigte und bedenkenswerte Frage an die Politik.
Auf Tour mit dem E-Mountainbike
Bleibt neben Beruf und Ehrenämtern eigentlich noch Zeit für Hobbies? Michael Zimmermann hat eine spontane Antwort darauf: „Ich habe ganz einfach meinen Beruf zu meinem Hobby gemacht.“ Und er ergänzt: „Aber genauso gerne bin ich zu Fuß unterwegs oder mit dem E-Mountainbike oder meiner Can-Am – einem dreirädrigen Motorrad.“ Und wer ihn kennt, kann sich schon denken: Er ist dann wohl auch auf Tour, um seine Dächer wiederzusehen.
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